Illustration (c) Felix Kozubek und Tobi Bayer.
Es ist heutzutage nicht leicht, eine normale Supermarktkette ansprechend zu gestalten. Im Gegensatz zum Diskonter, dessen Marketingstrategie fast ausschließlich auf der Preisgestaltung basiert, muss hier quer durch alle Konsumentenschichten gefischt werden. So hat sich nebst dem durchschnittlichen Produkt die Billig-Eigenmarke etabliert. Scheinbar nicht ganz so clever, doch trotzdem notwendig, scheint die eigene Premiummarke zu werden.
So hat eine dieser Ketten vor einigen Jahren begonnen, die wunderbare Eigenmarke S… Premium zu entwickeln. Schon seit 2010 kann man dem ehemaligen Bond Brosnan dabei zusehen, wie er gefinkelt seine wechselnden Partnerinnen mit einem Tiefkühlfisch verführt. In der neuesten Ausgabe packt Pierce auf einer Luxus-Yacht für eine feindliche Agentin seinen Premium Shrimp aus, dazu gibt es Martinis. Sie fragen sich, was das soll? Na ja, das ist halt Luxus für jeden Tag und nicht einfach nur gut, sondern Premium, wie uns die falsche Synchronstimme des Schauspielers vom Endbahnhof der Karriere erläutert.
Dass dieses Bomben-Konzept nicht ein singuläres Phänomen bleiben kann, war irgendwie schon klar. Nun habe ich gestern einem Flugblatt entnommen, dass die Supermarktkette, die früher vollkommen Ano Nym war, die Eigenmarke M…. Selektion auf den Markt, bzw. in den Supermarkt geworfen hat. Der Homepage ist zu entnehmen, dass es sich um „Premium Genuss für jeden Tag“ handelt. Warum sich dieser offenbar wieder ausschließlich auf Nahrungsmittel bezieht und nicht auch an anderen Stellen Luxus ins Leben integriert, bleibt für mich unklar. So könnte man ja durchaus luxuriöse Windeln für die Kleinen, luxuriöse Spülmaschinentabs für die Großen und luxuriöse Gelenkwärmer für die Alten anbieten.
Wie dem auch sei, bei dieser Luxusmarke (ich denke es dürfte der Renner in Saint Tropez werden), scheint wiedermal der Fisch im Vordergrund zu stehen. Und nicht nur das! Ein ganz findiger Stratege hat sich überlegt, dass zu wahrem lukullischen Luxus auch ein ausgelutschtes Zitat gehört. (Ich habe ja die These, dass Menschen, die ständig Zitate verwenden, garantiert nie ein Buch lesen.) So findet sich auf der Verpackung der Black Tiger Garnelen folgendes Zitat von Oscar Wilde: „Der einzige Weg, eine Versuchung loszuwerden, ist, ihr nachzugeben.“ Ob Oscar Wilde beim Niederschreiben dieses Satzes speziell an die Black Tiger Garnele dachte, sei dahingestellt.
Rätselhaft wird auch bleiben, ob Johann Wolfgang von Goethe bei dem Ausspruch: „Kein Genuss ist vorübergehend, denn der Eindruck, den er hinterlässt, ist bleibend“, den Mohn Eierlikör mit Waldviertler Graumohn im Kopf oder Mund hatte. In einem Fall bin ich mir allerdings vollkommen sicher, dass kein Bezug zwischen Produkt und Literat besteht. Der französische Adelige François de La Rochefoucauld, der im 17. Jahrhundert lebte und nicht nur recht intrigant, sondern auch einäugig war, mag zwar das Zitat: “Essen ist ein Bedürfnis, genießen ist eine Kunst” produziert haben, doch schließe ich kategorisch aus, dass er dies auf das Pizzini Rohschinken Convenience-Gebäck bezogen hat. Da lohnt sich vielleicht eine Neubesetzung in der Marketingabteilung.