Wieder so ein Tag an dem man zahllose Texte für Auftraggeber geschrieben hat. Abermals so ein Tag, an dem dieses Handwerk kaum geschätzt wird. Neuerlich so eine Diskussion, in der es nicht um den Text und dessen Qualität, sondern um technische Details, Formatierungen und Bildgrößen gegangen ist. Die Unzufriedenheit wächst und die Entscheidung ist gefasst. Ich werde alles hinschmeißen und Wirt werden. Denn nicht derjenige, der nichts wird wird Wirt, sondern derjenige, der mit dem was er geworden ist nicht mehr zufrieden ist.
Dann träume ich. Ich habe mir ein kleines, feines Gasthaus irgendwo auf einem Hügel gepachtet. Leise und unaufdringlich wird meine Gasthaus-Homepage mit den Begriffen „Sonnenterrasse“ und „Panoramablick“ werben.
Natürlich wird es in den warmen Monaten dort im Freien auch Kaffee und Kuchen geben. Klarerweise werde ich auch Gäste haben, die zwischen frisch aufgetautem Kuchen und selbst gebackenen Kuchen-Kunstwerken nicht unterscheiden können. Dann kommen ganz sicher Erinnerungen hoch an meine Zeit als Auftragsschreiber für Agenturen, die nicht zwischen einem Text von einem Lehrling und einem Text von einem Profi unterscheiden können. Diese quälenden Erinnerungen an vergangene Zeiten währen aber ganz sicher nur kurz.
In dieser rosigen Zukunft denke ich in solchen düsteren Momenten an mein Abendgeschäft. An die Zeit, in der sich Leute einfinden die sich nach bodenständiger, echter Küche sehnen. Meiner Speisekarte soll kein ellenlanges Motto vorangestellt sein. Sie soll a priori verständlich sein. Alles wird klar, einfach und authentisch sein. Die einzelnen Zutaten soll man schmecken. Einiges darf man kennen. Manches könnte meinen Gästen bekannt vorkommen. Es wird sie womöglich an die gute alte Zeit erinnern. Die Qualität wird durchgehend hoch sein, meine Speisekarte klein.
Ich erwarte mir viele Premieren. Erlebnisse und Ereignisse, die ich zum ersten Mal erfahren darf. Gespräche kreisen in meiner Zukunft als Wirt um die Qualität des Fleisches, die Art und Weise wie ich die Saucen gemacht habe, welchen Käse ich verwende und wie ich diesen oder jenen ganz besonderen Geschmack gezaubert habe. Es wird nicht, meinem früheren Leben als Schreiberling entsprechend, darum gehen, welchen Herd ich benutzt habe und welches Putzmittel ich verwende um den Boden in der Küche sauber zu bekommen.
Das werden herrliche, helle und glückliche Zeiten. Zurück zu den Dingen lautet das Motto. Zurück zum Produkt. In meinem neuen, bescheidenen Ort der Diskurslosigkeit soll sich der Diskurs aufgrund der Dinge an sich entzünden. Die Verschiebung muss vom Kontext hin zum Text erfolgen. Weg vom Geschwafel und vom Unwissen hin zur kompetenten Beschäftigung mit dem, was unbestritten und nicht zu leugnen vor einem liegt. Wir werden interpretieren, sinnieren, Geschmäcker auskosten und Verbesserungen suchen.
Titelbild: (c) Felix Monninger, flickr.com