Auf wissenschaftlichen Konferenzen kannst du mit Gelehrten schlafen. Akademischer Eros und Akademikersex haben weit mehr als nur eine beiläufige Romanze. Beinahe könnte man meinen, es gehöre fast zum Geschäft, neben dem geistigen auch den (gleich-) geschlechtlichen Austausch intensiv zu pflegen. Intelligenz ist sexy und der Selbstanspruch auf Intelligenz ist gerade auf wissenschaftlichen Konferenzen sehr hoch. Nach einem gelungenen Vortrag oder einer applausbegleiteten Posterpräsentation lässt sich Transdisziplinarität auch körperlich vollziehen, gerne auch unabhängig vom sozial, kulturell und von vergangenen Lebensentscheidungen aufoktroyierten Familienstatus. Generationsunterschiede spielen da sehr schnell keine Rolle, Assistenzstellen, Projektförderungen und Gutachten vielleicht schon etwas mehr. So verwandeln sich langweilige, stereotype Konferenzhotels in belebte Liebesnester, bei Orchideenfächern oftmals auch mit dem leichten Beigeschmack eines Swinger Clubs. Symptomatisch für das akademische Sexleben ist die Ausklammerung der sonst allgegenwärtigen, ununterbrochen aktualisierten Lebensläufe. Da wird der Literaturwissenschaftler schnell zum Dichter oder Straßenmusiker, seine wissenschaftliche Karriere zum zufälligen Nebenprodukt seines leidenschaftlichen Wesens. Wissenschaftliche Anerkennung endet schnell, wenn Applaus verhallt oder das renommierte Journal, in dem man publizierte, inzwischen vier neuere Ausgaben hat. Anerkennung durch Sex hat da schon etwas Bleibendes. Die Fähigkeit, im Hörsaal die hübschesten und wohlgeformtesten Absolventinnen wie aus einer Pralinenschachtel rauszupicken, verzauberte schon manch akademischen Popstar. Wer sich sein professorales Schäferstündchen sichern will, nimmt seine studentische Hilfskräfte als Groupies auf die nächste Tagung mit, förderungsgeldsparend im geteilten Zimmer. Denn Wissenschaft kennt keine Eheringe.
Titelbild: (c) Aleski Ollila, flickr.com