Black Sabbath
Irgendwann trennte sich progressive Rockmusik von der Form von Hardrock, die lieber knallen und grooven statt frickeln und ausufern wollte. Auf der einen Seite standen fette, aber einfache Riffs, zu denen man sein Haar und seinen Kopf ausgiebig schütteln konnte, auf der anderen Seite die intellektuelle stimulierende Komplex-Mucke, bei der man Angst haben musste aus seinem Headbang-Rhythmus zu kommen.
Selten aber doch erscheinen Platten, die diese Dichotomie nicht so recht akzeptieren wollen. Die amerikanische Band Elder aus Boston hat beispielsweise viel Black Sabbath gehört und schämt sich dafür in keiner Sekunde. Die Riffs auf ihrem aktuellen Album „Reflections of a Floating World“ sind bratzig und direkt und Frontmann und Gitarrist Nick DiSalvo klingt, als habe er Ozzy zum Frühstück verspeist.
Zu alldem kommt auch noch ein ausgesprochener Hang zum sogenannten „Stoner-Rock“. Die legendären Kyuss und ihre tiefergelegten Gitarren und staubigen Gitarren-Motive sind omnipräsent. Man sieht sich quasi schon in einem viel zu heißen Zimmer irgendwo in Kalifornien sitzen und literweise Bier saufen, während harte aber nicht unintelligente Musik aus den billigen Boxen tröpfelt. Die Musik ist gerade noch stumpf genug, als dass man nicht Sorge haben muss etwas zu verpassen, wenn man gerade das eine Bier zu viel getrunken hat.
Ebenso lässt sich jedenfalls das Album von Elder rezipieren und genießen. Die Amerikaner haben ihren staubigen Sound von früher dieses Mal ganz schön mit progressiven Elementen aufgefettet. Es rumpelt nicht mehr ausschließlich, es frickelt und zwackelt auch ganz gewaltig an der Songstruktur-Front. Das macht die Band aber so organisch und nachvollziehbar, dass selbst der dumpfste Riff-Freund mit den Ohren schlackert und bereitwillig die Umwege und Instrumental-Orgien mitmacht und danach auch noch laut Danke sagt.
„Reflections of a Floating World“ ist ein Mammut-Werk geworden, das an mehr als nur einer Stelle an die Brillanz der norwegischen Label-Kollegen Motorpsycho heranreicht. Wie bei diesen sind die Übergange von komponierten Teilen zur freien Jam-Session-Ausübung fließend. Vieles ensteht, zumindest klingt es so, im Moment und im Augenblick. Damit wird gehörig eine Tradition angezapft, die in der heutigen Rockmusik fast verloren gegangen ist. Durchaus denkbar, dass damit auch die strikte Trennung zwischen reproduzierbarer Rockmusik und freiem Jazz ein wenig in Frage gestellt wird.
Fazit
Dieses Album ist ein Brecher. Ein Knaller. Ein grenzenloses Konvolut mit harten Riffs, progressiven Übergängen, sanften Passagen, grandiosen Melodien und kompromissloser Rockigkeit. Das ist in dieser Kombination überaus rar.
Zum Reinhören
Titelbild: (c) beardedgentlemenmusic.com