Ich habe Freunde verloren und Facebook-Blockierungen kassiert. Vor allem dann, wenn meine Kolumnen beim ALPENFEUILLETON etwas schärfer gewürzt waren.
Nach einem viral gegangenen Artikel fühlte ich mich zudem in Innsbruck auf Schritt und Tritt beobachtet und hatte das Gefühl, dass hinter meinem Rücken getuschelt wurde.
Frei zu schreiben und selbst zu denken ist diese Unannehmlichkeiten aber allemal wert. Manchmal muss man Positionen zuspitzen, um eingefahrenes Denken in Bewegung zu bringen und „Denkblasen“ zum Platzen zu bringen. Wenn diese dann beim Gegenüber, dem nicht immer bekannten oder gar anonymen Leser, platzen, bekommt man oft ungefilterten Hass entgegen geschleudert.
Dabei müssen auch die eigenen (Stil)Mittel hinterfragt werden. Nicht jede Form ist beim Schreiben und beim schreibenden Denken legitim. Die Erhöhung der Intensität und der Lautstärke sind sogar grundfalsch. Wenn sich „Denkblasen“ als besonders widerstandsfähig erweisen, ist die Entscheidung den Druck durch drastischere Stilmittel zu erhöhen wenig ratsam. Es gilt vielmehr die Argumente nachzuschärfen.
Das ALPENFEUILLETON in der gegenwärtigen Form ist für mich vor allem eine Reaktion auf diese Erkenntnis. Nicht umsonst sind so gegensätzliche Menschen und Denker wie Alois Schöpf und Markus Koschuh bei diesem Projekt vereint. Das ist eine absolute Notwendigkeit, weil das, was das ALPENFEUILLETON in seiner vorherigen Ausprägung war, meiner Ansicht nach nicht ausreichte.
Es wurde bislang zu wenig gesittet gestritten. Der Einfluss auf Diskurse in Tirol und darüber hinaus oft überschätzt. Manchmal wurde auch der Ton, bewusst oder unbewusst, falsch gewählt, um Resonanz zu erzeugen. Es kam, zumindest wenn ich einige meiner Texte rückblickend ansehe, oft zu Blöcken: Meine Position gegen vermeintlich naiv anmutende linke Ideologien, meine Ansichten gegen eine angenommen idealistisch-mediokre Innsbrucker Kulturszene.
Das soll nunmehr anders sein. Es heißt nicht mehr: Wir gegen die anderen. Die anderen gegen uns. Kein Hass mehr – von niemandem und von keiner Seite. Wir treffen uns alle auf dem neu geschaffenen „Diskursplatz für Selbstdenker“, der das ALPENFEUILLETON nun ist. Dieser ist ein neutraler Ort, ein Ort des freien Denkens, des Austausches und auch, wenn notwendig, des vehementen und sachlich-scharfen Widerspruchs gegen die Positionen eines Autor-Kollegen.
Damit, so die Annahme, entsteht ein Platz, an dem Hass gegen bestimmte Positionen und Personen gar nicht erst aufflammen kann. Man steht in ständigem Austausch und im ständigen Diskurs. Hass entsteht schließlich da, wo Unverständnis und Unkenntnis gegenüber Andersdenkenden und deren Annahmen vorherrscht.
Letztlich kommt es dadurch im besten Fall weder zu leeren „Denkblasen“ noch zu Scheuklappen und schon gar nicht zu Denk-Nischen, in denen man es sich allzu gemütlich einrichten kann. Beim neuen ALPENFEUILLETON treffen sich vernunftbegabte, aufgeklärte und diskursaffine Menschen aus verschiedenen Lagern und setzen sich dem Aus, was viele verängstigt: Dem Infragestellen der eigenen Gewissheiten und von verhärteten „Wahrheiten“. So bleibt das Denken stets in Bewegung und die Diskurse können zirkulieren. Jenseits von Weltanschauung und Ideologie.