Jahre der Selbständigkeit haben die Unterschiede zwischen Selbständig-Sein und Unternehmer-Sein deutlich gemacht. Viele beginnen schließlich als Kleinst- oder Kleinunternehmer, sehen ihre ambitionierten Ziele schnell zerbrechen und werden dann zu freien Mitarbeitern und/oder Dienstleistungszulieferern in unterschiedlichsten Kontexten.
Tatsächlich ist es auch auf den ersten Blick bequemer. Überlegungen zu Preisvorstellung der eigenen Dienste sind sekundär, man setzt sich in ein gemachtes Nest und arbeitet, wenngleich auch manchmal zähneknirschend, für relativ geringe Löhne. Dafür kommen Aufträge regelmäßig und mit einer gewissen Verlässlichkeit herein.
So gerät man langsam in einen Modus einer relativ „entspannten“ Selbständigkeit, die sich zum Angestellt-Sein vornehmlich dadurch unterscheidet, dass man sich gewisse Freiheiten herausnimmt und nicht jeden Auftrag annimmt. Diese prekäre Situation, denn einen Auftrag auszuschlagen heißt auch kein Geld zu verdienen, wird rasch als Freiheit verklärt.
In Wahrheit sind die Abhängigkeiten groß und der Unternehmergeist schrumpft rasch auf ein Minimum zusammen. Man wartet, metaphorisch gesprochen und oft auch tatsächlich, sehr viel mehr auf Anruf und Aufträge als dass man sie selbst initiiert und ankurbelt. Lieber setzt man auf Masse statt auf Klasse. Das gilt für Musiker genauso wie für Texter.
Viele selbständige Musiker spielen, was das Zeug hält. Je mehr desto besser, weil man sonst nicht überleben kann. Viele Texter schreiben eine Unzahl von Texten, weil es ansonsten keinen Umsatz gibt, der einem die eigene Existenz sichert.
Der (durchschnittliche) Musiker steht da stellvertretend für einen Selbständigen jenseits des Unternehmertums. Er nimmt mehr und mehr Konzerte an, weil damit auch eine Geschäftigkeit einhergeht, die man als Selbständiger zu haben hat. Wer zu viel Freizeit hat, macht etwas falsch.
In dieser umtriebigen Geschäftigkeit erschöpft man sich aber. Anzahl von Gigs und Texten sind nicht beliebig nach oben schraubbar. Irgendwann kommen Müdigkeit und die Erkenntnis, dass man die Anzahl von Gigs und Aufträgen mit Erfolg verwechselt hat.
Erfolg ist aber die Kontrolle über die eigene „Erzählung“ zu haben und die Richtung des eigenen unternehmerischen Tuns maßgeblich zu beeinflussen. Das braucht immer wieder Verfeinerungen, Richtungswechsel, manchmal auch Umkehr und Neuausrichtung. Es bedeutet Dinge von Grunde auf zu erledigen und tatsächlich Probleme zu lösen, anstatt geschäftig und emsig beliebigen Aufträgen hinterher zu hecheln und diese in möglichst hohem Tempo zu erledigen – schließlich lauert schon der nächste Auftrag zur Existenzsicherung um die Ecke.
Das braucht Mut, Radikalität und eben Unternehmergeist. Mut zur klaren Sicht und zur Benennung der Ist-Situation. Mut zur radikalen Umkehr aus einer Situation der „gemütlichen Selbständigkeit“, die zur Erschöpfung führt, weil man das Unternehmer-Zepter allzu leichtfertig aus der Hand gegeben hat. Es wird Zeit, dieses wieder zurückzufordern und endlich (wieder) Unternehmer zu sein.