Ich möchte mich schon eingangs ganz herzlich dafür entschuldigen, wenn Ihnen das unablässige Corona-Gehubere auf den Wecker geht, das ich nun schon wieder allwöchentlich vor Ihnen ausbreite. Ab jetzt, versprochen!, ist Schluß damit, und wir werden in Zukunft wieder von den ernsten, lustigen, auch schönen und allen sonstigen Dingen reden, aus denen unser Leben eigentlich besteht oder bestehen sollte.
Aber vorher noch kurz der Eindruck vom heutigen Tage. Was tut sich coronistisch? In erster Linie flimmert die Ampel irgendwie zwischen Grün und Rot. Heißt das fahren oder nicht fahren? Oder wofür gibt es nun eigentlich dieses Farbenspiel?
Gestern, als wir in der Früh unseren Buben zu dem Internat außerhalb von Innsbruck brachten, in dem er das kommende Schuljahr verbringen soll, fand sich am Eingang eine Schautafel, auf der, Gott sei Dank, die Ampelfarbe grün prangte, daneben allerdings eine doch verwirrende Zahl von Regelungen, die selbige Farbe nun zwingend mit sich bringe. Irgendwie hatte der mäßig begabte Durchschnittsbürger sich bis dahin gedacht, Grün bedeute Grün, also: „Fahren!“ Das stimmte offenbar so nicht wirklich.
Heute, Dienstag, einen Tag später, erklärt man mir im Radio, nun sei aber, offenbar seit gestern, die Ampel für die Stadt Innsbruck auf Orange gesprungen (hieß es nicht gerade eben noch, die Sache würde einmal die Woche evaluiert?), für den Bezirk Innsbruck Land auf Gelb. Und so quer durch Österreich. Die braven Redakteure vom Rundfunk möchten logischerweise jemanden von der Regierung befragen, wie das, was nun vorfällt, im einzelnen zu verstehen sei, was das etwa für den Schulunterricht bedeute und so weiter. Von der Regierung hat aber leider niemand Zeit, um dem Sender Österreich 1 zu erklären, was niemandem so recht klar ist. Da muß nun als treuer Ritter der Innsbrucker Bürgermeister in die Bresche springen und uns mitteilen, – ja was denn eigentlich? Er arbeitet sich tapfer und unverdrossen durch ein So-Irgendwie von Herumgerede; ampelmäßig gesprochen, kann weder von Fahren noch von Stehenbleiben die Rede sein, das einzige, was er als Botschaft zum Tage mehrfach wiederholt: dies sei eine „komplexe Pandemie“.
Was heißt denn das jetzt wieder? Waren die bisherigen Pandemien, die die Menschheit seit ihren frühesten Zeiten alljährlich erleben durfte, nicht komplex, und deswegen haben wir sie einfach so hingehen lassen, und jetzt auf einmal, 2020 nach Christi Geburt, haben wir den Salat: ein komplexe Pandemie! Liegt das Komplexe vielleicht darin, daß zufällig gerade heute mir von einem Freund eine Studie zur Kenntnis gebracht wird, aus der mehr oder weniger hervorgeht, daß man sich, pandemiemäßig gesprochen, die ganzen Masken genausogut auch in die Haare schmieren könnte, sie seien nämlich zu gar nichts nütze? Aber weder der Innsbrucker Bürgermeister noch sonst irgendein Politiker noch sonst irgend wer, der „Entscheidungen trägt“, wird sich um diese Studie scheren, so wie sie sich auch bisher, und das weltweit!, um niemanden geschert haben, der von der wohligen Panik abzulenken versuchte, in die wir uns jetzt alle mitsammen, Indien, Brasilien und die USA eingeschlossen, gefälligst gleiten lassen sollen wie in eine warme, duftende Badewanne.
Oder ist das Komplexe an der Sache das unlösbare Dilemma, daß nämlich unsere ordnungsliebenden Chefs, damit nix passiert, am liebsten alles wieder zusperren würden, zugleich aber ein dünnes Stimmchen von Restvernunft ihnen sagt, daß das ganz einfach nicht geht.
Ein Gutes, übrigens: erstmals, seit es im März losgegangen ist, fühlt man sich wieder einmal einig mit der vorherrschenden Meinung, daß nämlich die Idee mit der Ampel, jedenfalls in der Realisierung, keine besonders gute Idee war.
In diesem Sinn wünsche ich noch allseits eine Woche der grünen Ampeln.