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Fasching in Corona-Zeiten

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Am 11.11., 11Uhr11 soll alljährlich der Fasching mit seinen Lustbarkeiten beginnen, in Tirol traditionell nach Dreikönig, und bis Faschingsdienstag dauern. Aber das mit den Zeiten nimmt man inzwischen ja nirgends mehr so genau. Das erkennt man daran, dass uns „Narrisch guat“ (narrisch schlecht) im Fernsehen ganzjährig verfolgt. Und auch Faschingskrapfen gibt es jederzeit, nur kurz unterbrochen von Weihnachtskeksen und Schokohasen. Fastnacht, das heißt für die einen Opernball mit Sektglas vorm Fernseher, für die anderen Faschingsumzug und Masken.  Nun aber herrscht Corona, da wird alles abgesagt. Alles? Nein. Nicht der Fasching.

Die Bälle mögen ausfallen, aber der echte Karneval spielt auf der Straße. Obwohl oder wahrscheinlich gerade, weil offiziell heuer vielerorts verboten, finden die Umzüge jetzt eben zu allen Jahreszeiten statt. Schließlich war die Fastnacht schon im Mittelalter die Zeit, in der das „Volk“ die Herrschaft übernahm und sich närrischer als die Obrigkeit gebärdete. Besonders in Zeiten strenger Reglementierungen und dort, wo die katholische Herrschaft dem kleinen Mann alles Vergnügen verbot, blühte das Fastnachtsbrauchtum auf.

Was wundert es also, wenn gegen strenges Corona-Reglement jetzt ganz außerplanmäßig närrische Versammlungen stattfinden, welche die Herrschenden in Frage stellen? Da treten Narren in allen möglichen Verkleidungen auf, brechen sämtliche Regeln und schreien und grölen ihre Faschingsparolen gegen das Regime – heuer eben gegen Corona. Was das Coronavirus natürlich so wenig anficht wie die Herrschenden zu allen Zeiten. Die wussten schließlich, das Volk würde, sobald es sich ausgetobt und den Rausch ausgeschlafen hatte, den Rathausschlüssel brav zurückgeben.

Die neuen wie die alten Narren halten sich dabei auch heuer weitgehend an die Jahrhunderte alten Vorgaben des Faschingsaufstands: Sie sind überwiegend männlich, neigen bei ihren Umzügen zu Alkohol- und Lärmexzessen, und ihre Masken und Kostüme sind ziemlich vorgegeben, nämlich Varianten ebenjener Kleidungsstücke, die die Herrschenden selber tragen. In diesem Fall Stoffmasken, bloß mit aufmüpfigen Aufschriften oder– ganz revolutionär! — Gasmasken. Extra mutige Faschingsnarren gehen sogar mit nacktem Gesicht und ahmen damit die närrischesten Präsidenten der Gegenwart nach. Nur die vorgetragenen Texte reichen heuer bei weitem nicht an die Qualität früherer Büttenreden heran und auch die Kostüme könnten ruhig fantasievoller sein.

Doch wie immer bei der Fastnacht ist die Sache für die Beteiligten natürlich eine todernste Angelegenheit. Bloß dass diesmal die lustige Stimmung hinter allem ernsten Treiben nicht aufkommen mag. Schade. Deshalb machen bisher nicht so viele wie erwartet mit. Aber bis Rosenmontag und Faschingsdienstag ist noch eine Weile hin. Vielleicht wird´s ja noch.

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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