Nachdem der Mensch in einem weisen Lichtblick erkannte, dass er zu dumm ist, um mit der Komplexität des Lebens zu Rande zu kommen, hat er sich der Entwicklung Künstlicher Intelligenz zugewandt, um dieses Manko auszugleichen. Man versucht also, quasi mittels outsourcing, seine existenziellen Probleme zu lösen. Die Frage ist nur, ob bei dieser Auslagerung etwas Gescheiteres als der menschliche Verstand herauskommt? Zwar findet auch ein blindes Huhn manchmal ein Korn, aber findet ausgelagerte Dummheit die seltenen Körnchen Wahrheit und richtiges Verhalten?
Vielleicht sollten wir besser lernen, uns mit unserer Beschränktheit abzufinden, statt unsere Dummheiten stetig in neuen Algorithmen exponentiell zu potenzieren?
Apropos Algorithmen: Warum hat denn noch keiner den Algorithmus gefunden, der Wahres von Falschem trennen und somit die exponentielle Vergrößerung der Dummheit auf der Welt verhindern würde? Schließlich bewertet die Mathematik, nur zum Beispiel, die wahrscheinliche Richtigkeit einer Aussage nicht, indem sie den statistischen Extremwert hernimmt, wie das die Sozialen Netzwerke und Suchmaschinen mit der Anzahl von Klicks handhaben. Weshalb also sollte die Menge an Klicks zur Vorreihung einer Aussage führen, noch dazu, wo künstlich generierte Bots inzwischen die Zahlen sowieso total verfälschen? Algorithmen, die die Wichtigkeit / Richtigkeit einer Aussage nach solchen Kriterien bewerten, basieren nicht auf intelligenten Modellen, sondern auf der Psychologie dummer Massen (Das Schaf rennt der Herde nach; von Ökonomen treffenderweise „Netzwerk-Effekt“ genannt) und auf dem uralt-kapitalistischen Matthäusprinzip („Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat“ — von der Whistleblowerin Francis Haugen kürzlich als Facebook-Geschäftsprinzip offengelegt für alle, die das nicht eh schon ahnten), solche Algorithmen sind also bloß dumm und verdummend. Wenn künstliche Intelligenz dann, von derart einprogrammierten Prinzipien ausgehend, selbständig weiterlernt, d.h. seine eigenen Algorithmen entwickelt, wird wohl auch nichts Gescheiteres dabei herauskommen.
Und weshalb können Menschen (z.B. ForscherInnen wie Ingrid Brodnig) ohne Probleme das Verhältnis von Bots zu realen Usern ziemlich genau berechnen, aber die dummen, von Facebook und Co. eingesetzten Algorithmen können das immer noch nicht?
Und kann nicht schon ein Menschenkind blitzschnell eine Entscheidung treffen, die über null und eins hinausgeht, und ein Drittes finden? Oder kann der Mensch mit Vorstellungsvermögen nicht die Konsequenzen seiner Handlungen sogar über etliche Schritte hinaus in die ferne Zukunft abwägen und eine intelligente Entscheidung treffen zwischen der Priorität von Jetzt oder Später? Da ist der beste Computer, wenn´s über das Brett mit den 64 Feldern hinausgeht, bereits schwer überfordert. Und dann gibt es auch noch die emotionale Intelligenz und allerlei soziale, moralische, religiöse Regeln und daraus entstehende Ambivalenzen und Dilemmata. Wird die KI das alles jemals untereinander koordinieren können? Kann ein Computer lernen, auch mit null plus eins oder null vor bzw. nach eins umzugehen?
Wahrscheinlich braucht es weiterhin einfach ein gerütteltes Maß an natürlicher Intelligenz, um schon die simpelsten Aufgaben und Bewertungen richtig hinzukriegen. Setzen wir also lieber auf die Entwicklung dieser natürlichen Intelligenz und seien wir skeptisch gegenüber jenen, die uns die Künstliche Intelligenz als Allheilmittel anpreisen. Wer KI für die Lösung aller Probleme hält, ist ein dummer Tor — oder noch schlimmer: Ein Kapitalist mit Allmachtsfantasien.