Klaus Rohrmoser spielt derzeit im Stück „Paganini“ im Innsbrucker Kellertheater die titelgebende Hauptrolle, führte bei diesem zugleich Regie und hat sich auch um sein Kostüm gekümmert. Die Intention dahinter ist deutlich: Rohrmoser gibt augenscheinlich den genialischen Alleinherrscher über Stück, Text und Wirkung seines Schauspiels.
Der Geiger Paganini ist im Stück von Michael Korth vor allem ein Genie. Dieses Genie überschreitet ständig Grenzen: Es bricht mit dem Christentum und paktiert aus reiner Lust an der Provokation vermeintlich mit dem Teufel, es nimmt sich Frauen nach eigenem Gutdünken und nimmt sich auch das Recht heraus, diese schlecht zu behandeln. Und natürlich ist nicht zuletzt sein Geigenspiel so außerweltlich virtuos, dass vor allem weibliche Konzertbesucher beim Zuhören in Ohnmacht fallen.
In diese Welt fühlt sich Rohrmoser im Einmann-Stück ein. Er artikuliert klar, überspitzt gerne, weiß Pointen des Textes geschickt zu nutzen. Während der gesamten Zeit ist man bei ihm, kann und will nicht wegsehen oder weghören. Was grandios scheitern hätte können, nämlich dass das Stück zu einer Rohrmoser-Show wird, gelingt auf mehreren Ebenen.
Zum einen deshalb, weil der Text von Korth dann doch doppelbödiger ist, als man zuerst annimmt. Das Genie Paganini ist bei diesem gewissermaßen herleitbar. Als Kind zu Höchstleistungen getrimmt ist es nämlich nicht zwingend die gottgleiche Gabe, die ihn zum Virtuosen macht, sondern die unzähligen Stunden des Übens.
Dass Paganini eine Gabe hat, ist dennoch unbestritten. Rohrmoser, der die Rolle differenziert auslegt und den Unerlösten zwischen Erde und Himmel teils aus dem auf der Bühne zentral platzierten Sarg spricht, arbeitet das gut heraus. Vor allem aber macht er Diskurse auf, auch weil er so sehr mit Paganini und der ihn umgebenden Welt verschmilzt: Wo macht genialisches Handeln Sinn, wo bedeutet es Eigenverantwortung und wo wird es zu Selbstherrlichkeit und zur Selbstüberschätzung?
Der erfahrene Schauspieler und Regisseur Rohrmoser stemmt jedenfalls sein Projekt mit Bravour. Im Geniekultur-Selbstbedienungsladen, den einem die Geschichte von Paganini förmlich offeriert, bedient er sich ebenso wirkungsvoll wie verantwortungsvoll. Man meint sogar Passagen auszumachen, in denen er sich, trotz aller Identifikation und Leidenschaft für seine Rolle, um Ironie bemüht.
Rohrmoser ist damit also sehr wohl Alleinherrschen in seinem Zeichensystem. Aber ein sehr umsichtiger und kluger Herrscher, der auch Grautöne und Nuancen kennt und ausspielt.