Eine Fußball-Weltmeisterschaft im Winter, ausgetragen von einem Land, das sich sportlich noch nie für das Turnier qualifizieren konnte und das mit Fußball vermutlich so viel zu tun hat, wie eine Ratte mit einem Fisch. Die Idee, aufgrund von Platzmangel Fußballfans in den umliegenden Golfstaaten zu parken und für die einzelnen Spiele einfliegen zu lassen. Sieben von acht Stadien, die extra für dieses Turnier erbaut wurden, sich allesamt in einem Umkreis von 70 Kilometern befinden und während der Spiele durchgehend gekühlt werden. Jeder einzelne dieser Fakten (und ich könnte noch unzählige weitere anführen) wäre schon ein Grund dafür, dass die Weltmeisterschaft in Katar nie über die Bühne hätte gehen dürfen. Doch der Staat wollte dieses Turnier unbedingt, – und ging dafür über Leichen.
Die Stadien, sie werden funkeln und glitzern, bunt leuchten und Katar die große Bühne geben, die es sich schon seit so langer Zeit wünscht. Am 20. November, dem „Totensonntag“ (wie passend), erfolgt der Anstoß. Dann darf sich das Nationalteam Katars vor Millionen von Menschen im Spiel gegen Ecuador präsentieren. Die Fans werden jubeln, doch sie werden es an jenem Ort tun, an dem tausende, vorwiegend aus Asien stammende Arbeitsmigranten in stillen Gräbern zu Tode gekommen sind. Arbeitsmigranten, denen die Pässe entzogen wurden, um deren Ausreise zu verhindern. Die teilweise über ein halbes Jahr auf ihren Lohn warten mussten, und die in menschenunwürdigen Quartieren untergebracht wurden. Die schamlos ausgenutzt und ausgebeutet wurden. Die für diese Weltmeisterschaft sterben mussten. Ein Fußballturnier.
Umgerechnet kostet ein Spiel bei der Weltmeisterschaft in etwa 234 Menschenleben. 234. Ein Ende ist weiterhin und trotz der Versprechen des Emirats auf Besserung, nicht in Sicht. An der Menschenrechtssituation im Land hat sich bis heute Nichts geändert, und wer denkt, dass sich die Situation in naher Zukunft bessern würde, macht sich etwas vor. Doch all das wird weitestgehend ignoriert. Weniger von den Fans, sondern vorwiegend von Funktionären der FIFA, des DFB und auch von den teilnehmenden Nationen. Mit ihrem Ja zu Katar, sagen sie auch ja zu den Toten – ob sie wollen oder nicht. Da hilft es auch nicht, sich in belanglose Ausreden zu flüchten und daran zu erinnern, dass woanders ebenso schlimme Dinge passieren. Trotz all dem, was man über dieses Turnier weiß, was man über die Intentionen des Emirats (Thema Sportswashing) weiß, wird der Ball rollen. Dann wird sich Katar auf der großen Bühne von seiner schillerndsten Seite zeigen und hinterher werden Sportler und Funktionäre in die Welt hinaustragen, dass sie während ihres Aufenthaltes im Emirat wie Könige behandelt wurden und das Land nun doch nicht so schlimm sei, wie die ganze Welt so denke. Und genau dann hat das Land erreicht was es wollte. Auf Kosten von tausenden Toten.