Der linksradikale Pöbel machte in Wien mobil!

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Letzthin war ich in Wien. Auf kulinarischer und kultureller Mission. Was mir überhaupt nicht aufgefallen war ist, dass an genau diesem Wochenende der sogenannte Akademikerball stattfinden sollte und, dass sich auch der unreflektierte Teil des linken Pöbels aus dem Haus wagen würde. Das sind diejenigen, die glauben immer die Wahrheit für sich gepachtet zu haben und exakt das Richtige zu denken, ohne überhaupt schon einmal über die eigene Position nachgedacht zu haben.
Gleich mal vorab gesagt: Zum Glück habe ich nicht allzu viel davon mitbekommen. Ich bin um 19:30 ins Porgy & Bess gegangen, um mir die famose Band „chuffDRONE“ anzusehen und anzuhören. Eine Band, die zu einem überwiegenden Teil aus wahnsinnig talentierten jungen Damen besteht. Es stellte sich zwar die Frage, warum sie sich dazu entschieden haben, diese Art von komplexer und ein wenig vertrackter Musik zu spielen. Diese Frage tat aber dem Genuss absolut keinen Abbruch.
Begeistert verbrachte ich meinen Abend im Porgy & Bess, trank gemütlich ein paar gute Biere, sah sogar noch Andreas Felber (Ö1-Spielräume und Standard) an mir vorbeiflitzen und war auch ansonsten bestens unterhalten. Lediglich die Ansage vom Porgy & Bess Chef Christoph Huber erinnerte mich daran, was draußen parallel vor sich ging. Er sprach von den Ewiggestrigen, die einen solchen Polizeieinsatz provoziert hatten.
Er hatte ja durchaus Recht, aber: War es nicht auch die linke Meute, die einen solchen Polizeieinsatz provozierte? Ich weiß schon, dass es nicht schick ist als Intellektueller und Jazz-Hörer abfällige Bemerkungen über Demonstranten zu machen. Ich möchte es aber dennoch tun. Den Teil der Linken, der sich selbst als linksradikal und gewaltbereit ins Szene setzt, finde ich widerlich. Absolut abstoßend.

Demo in Wien: Auch mal schön sich vor schöner Kulisse mit der Polizei zu matchen.
Demo in Wien: Auch mal schön sich vor schöner Kulisse mit der Polizei zu matchen.

Und das noch nicht einmal, weil er sich nicht klar von Gewalt distanziert. Ich habe mit berechtigter Gewalt keine Probleme und bin schon gar kein Apologet des aufziehenden Polizeistaates. Aber ich habe kürzlich mal einen guten Begriff gelesen, der einen gewissen Teil, des an diesem Abend in der Wiener Innenstadt demonstrierenden Pöbels, überaus treffend beschreibt: Dummlinke.
Der linke Pöbel, oder: Schöne, übersichtliche Welt
Das ist der Teil der linken Szene, der vollmundig verkündet, dass sie ja ohnehin recht bekommen werden, was das Demonstrationsverbot der „nowkr“ Bewegung betrifft. Ganz einfach weil es neben ihrem Weltbild kein anderes gibt. Ganz einfach weil ihre Meinung zum Meinungsdiktat geworden ist. So sehr, dass man fast schon den unsäglichen und widerlichen H.C. Strache recht geben möchte, wenn er von „Linksfaschismus“ redet. Er mag sich da in der Wortwahl absolut vergriffen haben und man könnte auch anmerken, dass linker Faschismus ein Widerspruch in sich ist.
Draußen Pöbel, drinnen die wunderbaren chuffDRONE.
Draußen Pöbel, drinnen die wunderbaren chuffDRONE.

Aber: Was sich da gerade in dieser Szene bewegt kann nur mit absoluter, unreflektierter Dummheit beschrieben werden. Oder auch mit Mitläufertum. Oder aber auch mit einer wie auch immer gearteten Coolness und Distinktion, die sich dann einstellt, wenn das Mitglied des linken Pöbels gebetsmühlenartig hohle Phrasen und Thesen nachplappert, die vielleicht irgendwann einmal vor Jahrzehnten Gültigkeit gehabt haben.
Macht ja nichts, dass sich die Welt verändert hat. Macht ja nichts, dass alles zum Verzweifeln komplex und unübersichtlich geworden ist. Die radikale Linke hat dennoch Antworten parat, bietet Orientierung und organisiert auch noch schöne Demonstrationsausflüge nach Wien. Gibt ja schließlich schlechtere Orte als Wien um sich mit der Polizei zu prügeln und Wortgefechte zu liefern.
Das einzig Gute an der Sache war: Ich kam vor den Demonstrationen, die natürlich auch auf den Stephansplatz überschwappten, ins Porgy & Bess. Das Konzert dort fand unter der Erde statt, sodass keiner der dümmlichen Sprechchöre das wunderbare Konzert stören konnte. Keine Plattheiten konnten die Komplexität und Differenziertheit der Musik stören, die mehr von der neuen Unübersichtlichkeit und der schon länger währenden Uneindeutigkeit der Welt verstanden hatte als jeder einzelne Demonstrant dort draußen.
Ich verließ um ca. 23:30 das Porgy & Bess. Beglückt von einem großartigen Konzert, leicht berauscht von gutem Bier. Die Demonstrationen waren schon vorbei. Immerhin schien der demonstrierende Pöbel Anstand zu haben und hatte den schönen Stephansplatz nicht verschmutzt und nichts zerstört. Das schöne Wien ist das schöne, ansehnliche Wien geblieben. Die Kulturlosigkeit der linksradikalen Elemente hat der Schönheit dieser Stadt nichts anhaben können.
Ich würde glauben: Solche Leuten sollten mehr auf Jazz-Konzerte gehen. Oder sich mit Atonalität beschäftigen. Oder sich ganz einfach wirklich lieber mit anspruchsvoller Kunst als mit banalen Parolen auseinandersetzen. Vermutlich würde es ihnen wie Schuppen von den Augen fallen und sie würden ihre eigene Blödheit unmittelbar und augenblicklich erkennen. Aber vielleicht ist Erkenntnis gar nicht das was sie anstreben. Vielleicht ist es eher das Zusammengehörigkeitsgefühl. Schöne Ausflüge mit Gleichgesinnten bei denen man sich mit schönen, einfachen Parolen einsingt und dazu wütende Gitarrenmusik mit wütenden Texten hört.
Für mich klar: Das Porgy & Bess war der bessere und passendere Ort an diesem Freitag, den 30.01. Draußen mochte die Meute noch so toben und glauben, dass sie ihre Haltung einnahm. Denn sie tat es nicht. Sie kämpfte gegen Windmühlen und beantwortete die Dummheit der Rechten mit gleicher Dummheit. Es mag zwar schön sein, ein bisschen nach Wien zu fahren oder, wenn man schon mal in Wien wohnt, vor schöner Kulisse seine unreflektierte Meinung kund zu tun und seine eigene Blödheit mit der Welt zu teilen. Ändern wird das aber nichts. Es ändert sich nur etwas, wenn man gegen Vereinfachungen und Dummheiten jeder Art angeht. Und Kunst ist eine perfekte Anleitung dazu.
(P.S.: Ich bin mir  bewusst, dass nicht nur linksradikale und dümmliche Linke dort vor Ort protestiert haben, sondern auch andere Menschen, die eine reflektierte Meinung haben und diese zum Ausdruck bringen wollten. Mein Text sollte diesen Teil der Demonstranten NICHT treffen).

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Elfenbeinturmbewohner, Musiknerd, Formfetischist, Diskursliebhaber. Vermutet die Schönheit des Schreibens und Denkens im Niemandsland zwischen asketischer Formstrenge und schöngeistiger Freiheitsliebe. Hat das ALPENFEUILLETON in seiner dritten Phase mitgestaltet und die Letztverantwortung für das Kulturressort getragen.

2 Comments

  1. Lieber Markus, bin wieder einmal baff, dass du genau weißt, was die Beweggründe von anderen Menschen sind und noch viel mehr, was der Rest der Menschheit deiner Meinung nach zu tun und zu lassen hat. So viel Weisheit beeindruckt mich immer wieder. LG

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