Sehr persönlich

Was tun, wenn Leser einen kritisieren?

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Jetzt ist es wieder passiert. Direkte, persönliche Kritik. Mitten ins Herz.

Nun stellt sich unweigerlich die Frage; wie damit umgehen?

Wenn man einen Text schreibt, gibt man viel von sich preis. Oft weniger, als der Lesende vermuten mag, aber immer noch genug, um kritische Worte persönlich zu nehmen.

Ich schreibe viele Texte, sehr viele. Werbetexte. Dialoge. AFEU-Texte. Selten bis nie gibt es Kritik. Meist höfliche Ignoranz oder sanftes Lob.

Von Kritik betroffen sind oft Texte, die ein großes Publikum erreichen. Wenn ich mich richtig erinnere, passierte mir das bis dato sehr selten. Konkret zwei Mal.

Der erste Stein des Anstoßes geschah 2011, mit der auf ZEIT Online erschienen Glosse „Liebe Deutsche Studenten, ihr nervt!“. Der Artikel wurde tausende Male gelesen, bekam hunderte Kommentare und zog eine Mail des österreichischen Bildungsministers nach sich.

Der zweite „Text“, der ein größeres Publikum erreichte, ist das Drehbuch für EXPERIENCE TIROL. An die 12.000 Menschen haben die Show seit der Eröffnung im Herbst 2023 gesehen. 11.989 haben sich sehr darüber gefreut; das Zusammenspiel von Technik, Architektur und Geschichte gelobt.

Gestern dann der erste – so richtig – schmerzliche Kommentar im Internet. Zwei Sterne Bewertung auf Google. Nicht wegen der Technik; die sei super. Nicht wegen der verpackten Fakten; die seien in Ordnung. Sondern wegen der unfassbar übertriebenen und unpassenden Rahmenhandlung.

Auch wenn ich weiß, dass Geschmäcker verschieden sind und es sich hierbei um keine große Kunstform, sondern schlicht um eine Rahmenhandlung handelt, trifft die Kritik im ersten Moment.

Obwohl zwischen Inhalt und meiner Person kaum eine Verbindung besteht, ich schlicht das Werkzeug bin, das diese Handlung zu Papier gebracht hat, kratzt die Kritik für einen Augenblick am eigenen Selbstwert.

Zum Glück bin ich nicht mehr Anfang 20. Da hätte sich der Schmerz über Wochen festgebissen. Heute ist er fast (!) schon wieder vergessen.

Wie also damit umgehen? Verdrängen, weil der Schnee von gestern heute nur noch ein Wassertropfen ist? Sich ärgern, weil man sich missverstanden fühlt? Komplett falsch interpretiert. Verzweifeln, weil die Show nicht mehr geändert werden kann?

Weder noch. Akzeptieren. Annehmen. Und spazieren gehen. Der nächste Text kommt bestimmt.

Doch eines bleibt. Die Erkenntnis, dass in jedem Text; und sei er noch so beauftragt; immer auch ein kleiner Teil Persönliches steckt.

Und da kann ich mir einreden was ich will; am Ende möchte man gelesen werden. Und gefallen. Schließlich hat man sich bemüht.

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

2 Comments

  1. Je näher einem ein Projekt am Herzen liegt, desto schwerer scheint Kritik zu wiegen; ich glaube, das liegt in der Natur der Sache. Auch hält man vielleicht unterbewusst an Mustern oder Glaubenssätzen fest, die es einem erschweren, Kritik nicht allzu persönlich zu nehmen (Stichwort: Selbstwert). Nun ist es bekanntermaßen unmöglich, ein Werk zu schaffen, das allen gefällt. Erzählt mir zum Beispiel jemand, „Der Alchimist“ sei für ihn/sie ein lebensveränderndes Meisterwerk, wird mir blümerant zumute, so grässlich find ich dieses Buch. Paulo Coelho wird das wurscht sein (wenn nicht, wischt er sich die Tränen mit einem Hunderter-Schein aus dem Gesicht) und ich denke, auch bei dir wird sich diese Attitüde nach und nach einstellen. Ich wünsch dir das Beste für dein Projekt!

  2. Liebe Daniela, vielen Dank für deinen Kommentar und die Wünsche. Du hast natürlich recht; ein Werk, das allen gefällt, wird niemals existieren. Zumal Geschmäcker verschieden, die Leute unterschiedlich und damit richtig auch mal falsch oder umgekehrt sein kann. Das habe ich gelernt (!) zu akzeptieren. Nach einem Tag des Frustens, ist mittlerweile auch genügend Distanz da. Das hilft. Aber ganz unberührt lassen, wird mich das wohl nie. Ähnlich unwahrscheinlich, als dass ich mir mit Hunderter-Scheinen Tränen aus dem Gesicht wischen werde. 🙂

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