Irgendwo in Tirol

Ahmed ist tot.

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Die folgende Erzählung hat keinen wahren Kern, könnte sich aber im echten Leben zugetragen haben.

Die Geschichte spielt an einem abgelegenen Ort irgendwo in den Tiroler Bergen. Am Ende eines langen Tals gibt es einen Talschluss, wie aus dem Katalog. Steile Berghänge. Saftige Wiesen. Mystische Wälder.

Mittendrin ein Gastbetrieb mit zwölf Zimmern, einer Gaststube, einer Hauskapelle und drei Skiliften. Im Wald wurden drei ehemalige Stadl zu modernen Chalets ausgebaut, um zahlungskräftige Kunden anzuziehen. Das nahegelegene Dorf ist zu Fuß in einer halben Stunde erreichbar. Mit dem Auto deutlich schneller.

Zwei Mal in der Woche holt Lisbeth, die im Tal einen Bauernhof betreibt, die Schmutzwäsche ab und bringt die frische. Ihr Mann liefert im gleichen Zeitraum die notwendigen Lebensmittel. Alles in allem eine funktionierende Einheit. Doch selbst im Paradies ereignet sich oftmals ein Unglück.

Die Szene.

Eine Gaststube aus dunklem Holz. Mehrere Tische. Eine Bar. An der Wand ein großer Tiroler Adler und das Wort Gastfreundschaft. Über der Bar ein Schild mit der Aufschrift SONDERANGEBOTE: Original Jagatee 6 Euro, Original Flügerl 4 Euro, Champions League Bier 7,50 Euro. Lisbeth holt gerade die Schmutzwäsche ab und kommt mit dem Wirt ins Gespräch.

Franz: Da Ahmed is tot.
Lisbeth: Wie tot?
Franz: Ja hin. Nimma da. Tot halt.
Lisbeth: Wie kann des ein?
Franz: Was woas i. Die Marie war bei mir und hats ma gsag.
Lisabeth: Und wie?
Franz: Was und wie?
Lisbeth: Ja wie isch er gstorbn?
Franz: So weit isch sie nit kemmen. Da neie Gast aus Düsseldorf is in die Stubn einakemmen, wo sie mas dazähln wollt.
Lisbeth: Ma des arme Dirndl. Jetz wo sie grad im Sommer boade Eltern begrabn hat miasn. Der Ahmed war ihr ein und alles. Ihr letzta Halt.
Franz: Wie sollma jetzt die Saison fertig gregn?
Lisbeth: Des is dir jetzt is Wichtigste? Wie du deine Gäscht weiter bedienen kannsch?
Franz: Vasteh mi nit falsch. Es tuat ma schon load fürn Ahmed und die Marie. Aber i muass ans Gschäft denkn. Da häng ja alls dran. Übermorgen kemmen zwei Familien aus Hamburg und a große Gruppe aus Berlin. Denen kanni ja nit sagn, dass die Kuchl kalt bleib.
Lisbeth: Und die Marie?
Franz: Was isch mit ihr?
Lisbeth: De werd woll a amal a Zeitl ausfalln.
Franz: Himmel Hergott na. Des fahlat ma grad no. Sie isch die oanzige glernte Kellnerin, de ma im Moment herobn ham.
Lisbeth: Aber sie trauert.
Franz: Mir wean no alle trauern, wenn uns die Gäscht davonlaffn und is Gschäft ausbleibt. Dann isch des nit is oanzige Unglück, des passiert. Kannsch ma glabn.
Lisbeth: Schon recht. Aba a paar Tag muassch ihr freigebn.
Franz: Was ischn mit deim Madl?
Lisbeth: De macht a Praktikum in ana Agentur.
Franz: Weit hamas bracht.
Lisbeth: Des war immer ihr großer Traum.
Franz: Wenn i meim Traum nachgrennt wa, wa i jetzt Rockmusiker in da USA. Aber es tates eich alle bled anschaugn, wenn de Hittn nit bewirtschaftet wa. Dann kanntets wirklich alle schimpfn. Weil kana a Arbeit hat.
Lisbeth: Schon recht. Reg di nit so auf, du haschs ja alleweil mit deim Bluatdruck.
Franz: Dass der Ahmed genau jetzt stirbt. Mitten in da Hochsaison. Mehr Pech kannsch oanfach nit habn.

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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