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Wie ändere ich meinen Partner?

Über ein Projekt, an dem wir Scheitern.

16 Minuten Lesedauer
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So gut, wie jeder weiß, dass wir niemanden verändern können. Und dennoch landen wir manchmal in einer Dynamik, in der wir genau das versuchen und daran Scheitern.

Über diese Dynamik, dreht sich der folgende Beitrag.

Du musst dich ändern!

„So geht es nicht mehr weiter!“
„Es muss sich etwas ändern!“
„Ich kann so nicht mehr!“
„Egal was ich mache, es ändert sich nichts!“
„Du musst endlich etwas ändern!“
„Du musst dich verändern!“

Kennen Sie solche Aussagen?

Möchten Sie auch, dass sich ihr Partner oder jemand, der Ihnen nahe steht, verändert? Oder will ihr Partner, dass Sie sich ändern?

Leider konnte ich mir selbst bereits einige Male zuhören, wie ich solche Aussagen gemacht habe. Obwohl ich um die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens wusste, ändert dies nichts an meinem verzweifelten Aufschrei.

Solche Impulse und Aussagen drängen sich manchmal einfach auf.


Unbedingt mehr lesen. Der persönliche Blog von Psychotherapeutin und Autorin Brigitte Fuchs.

Unbedingt mehr lesen. Der persönliche Blog von Psychotherapeutin und Autorin Brigitte Fuchs.


Wann wollen wir unseren Partner verändern?

Solange meine Beziehung gut läuft, solange ich glücklich und zufrieden bin, werde ich meinen Partner nicht ändern wollen. Warum sollte ich auch? So wie es ist, ist es gut.

Erst wenn sich die Beziehung verschlechtert und ich zunehmend unter bestimmten Verhaltensweisen meines Partners leide, tauchen solche Veränderungswünsche auf.

Das Verhalten des Partners löst “negative” Empfindungen aus, wie Unzufriedenheit, Ärger, Enttäuschung, Kränkung, Einsamkeit oder Schmerz.

Ich leide unter diesem Verhalten, der Partner nicht!

In solchen Momenten leiden wir unter dem Verhalten des Partners. Würde der Partner sein Verhalten ändern, so denken wir zumindest, müssten wir nicht mehr leiden!

Aber genau das passiert in dieser Dynamik nicht. Der Partner verändert sein Verhalten nicht, sondern wiederholt es und damit wiederholt sich auch unser Leiden.

Wir leiden, während es dem Partner gut oder zumindest nicht so schlecht geht. Der nicht leidende Part in der Beziehung hat aber auch wenig Motivation sich oder sein Verhalten zu verändern.

„So“ können wir die Beziehung nicht mehr weiterführen

Wir landen somit in einer Situation, in der wir

  • bereits seit längerem unter einem Verhalten unseres Partners leiden,
  • verzweifelt sind, weil wir die Beziehung in dieser Form nicht mehr weiterführen wollen,
  • die Beziehung aber auch nicht aufgeben können.
  • Wir hängen fest und wissen nicht mehr, was wir noch tun können,
  • wir wissen nicht mehr weiter.

Versteckt im Hintergrund lauert die Angst. Eine Angst, die uns an einer Beziehung festhalten lässt, unter der wir leiden.

Dies kann eine Angst vor der Einsamkeit sein, eine Angst vor dem Verlassen werden, eine Angst, der Partner könnte abstürzen und “es” nicht schaffen, wenn wir ihn verlassen, eine Angst nie wieder einen Partner zu finden und alleine bleiben zu müssen, eine Angst, diesen Partner loszulassen, weil es auch gute Zeiten gab, die Angst, dass wir uns eine Trennung finanziell nicht leisten können, …

Gefangen in einer unglücklichen Beziehung – wir können nicht gehen und nicht bleiben

Wollen wir unseren Partner verändern, ist dies bereits ein Hinweis darauf, dass wir uns in einem Dilemma befinden.

Wir möchten oder können die Beziehung nicht beenden, aber wir können die Beziehung, so wie sie ist, auch nicht mehr wirklich weiterführen.

So sind wir gefangen in einer Situationin der wir uns nicht trennen können, aber eigentlich auch nicht mehr bleiben können.

Ein schwieriger Zustand, der nur schwer auszuhalten ist. Es muss sich etwas für uns ändern.

Das fundamentale Scheitern: Egal was ich mache, ich kann nichts ändern!

Der Wunsch, der Partner möge sich ändern, mag manchmal aus einer fehlenden Einsicht über das eigene Verhalten kommen, das ist in dieser Dynamik aber nicht der Fall.

Denn hier fragen wir uns ja: „Was kann ich tun, damit der Partner sich oder sein Verhalten verändert?“  Wir sind also durchaus willens, an uns zu arbeiten und etwas zu tun.

Aber wir erleben ein fundamentales Scheitern. Egal was wir machen, es ändert nichts am Verhalten unseres Partners.

Wir leiden weiter unter dem partnerschaftlichen Verhalten

Wir leiden unter der emotionalen Kühle, der Distanz, der fehlenden Verbindlichkeit, unter Gefühlsausbrüchen, Abwertungen, Untreue, Suchtverhalten, einem fehlenden Einfühlungsvermögen, einer kargen und dürftigen Sexualität, daran, dass der Partner nicht für uns da ist oder uns sogar in Zeiten, in denen wir ihn bräuchten, im Stich lässt.

In dieser Dynamik befinden wir uns

  • wenn der Partner sich oder sein Verhalten nicht ändert
  • wir eine Veränderung nicht „nur“ wünschen, sondern „brauchen“,
  • und gleichzeitig nicht wirklich etwas tun können, um dieses Verhalten des Partners zu verändern.

Was wir nicht alles versucht haben, damit der Partner sich ändert

Wir investieren sehr viel Zeit und Energie, um den Partner dazu zu bringen, sich doch noch – zu unseren Gunsten – zu verändern

Das Problem dabei: Je weniger unser Partner geneigt ist sich zu verändern, je weniger der Partner in die Beziehung investiert, umso mehr bemühen wir uns und investieren in diese Beziehung.

Wir werden also aktiv und versuchen alles Mögliche, damit der Partner sich ändert.

Geht es darum, den Partner zu verändern, können wir ganz schön kreativ sein. Dann fällt uns so Einiges ein, was wir machen können:

  • Wir sagen dem Partner wie es uns mit diesem Verhalten geht und wie sehr es uns verletzt.
  • Wir machen dem Partner Vorwürfe, machen Schuldzuschreibungen.
  • Wir fordern eine Veränderung vom Partner ein.
  • Wir lösen negative Gefühle im Partner aus, Gefühle wie Schuldgefühle oder Eifersucht – versuchen über die emotionale Schiene den Partner zu erreichen und eine Veränderung zu bewirken.  
  • Wir fragen „Experten“, was wir tun können, damit sich der Partner verändert.
  • Wir versuchen, Freunde oder die Familie des Partners auf unsere Seite zu ziehen und somit mehr Druck auf den Partner auszuüben.
  • Wir versuchen mit Manipulationen, den anderen dazu zu bringen, das zu tun, was wir uns wünschen.
  • Wir bestrafen den Partner für sein Fehlverhalten, gehen auf Distanz oder werden emotional kühl.
  • Wir kopieren das „verletzende Verhalten“ des Partners, damit dieser endlich spürt, wie verletzend sein Verhalten ist!
  • Wir reagieren mit Liebesentzug oder wenn wir gar nicht mehr weiter wissen, drohen wir damit, den Partner zu verlassen.

Die Drohung den Partner zu verlassen ist das „letzte Druckmittel“, das wir in einer Beziehung haben. Bewirkt nicht einmal mehr dies eine Veränderung wird es hoffnungslos in der Beziehung.

Unser Leben dreht sich darum, dass der Partner sein Verhalten ändert

Spätestens jetzt sind wir vollends in dieser Dynamik gelandet.

Wir investieren unsere Zeit und Energie in die Veränderung einer anderen Person. Das kann der Partner sein, es können aber auch die Eltern, Kinder, Freunde oder Kollegen sein.

Weil uns ein Verhalten des Partners so belastet, beginnt sich unser Leben zunehmend um die Lösung dieses Problems zu drehen.

Damit wird diese Beziehung noch wichtiger für uns und wir leiden noch mehr unter diesen Gegebenheiten.

Wir investieren extrem viel in die Lösung dieses Problems und in diese Beziehung. Viel mehr als der Partner. So sind wir enttäuscht, dass so wenig vom Partner kommt und dem Partner die Beziehung nicht wichtig genug ist.

Wir denken viel über unsere Schwierigkeiten nach. Wir versuchen das Verhalten des Partners zu analysieren und zu verstehen.

Wir reden mit Freunden und mit der Familie über diese Probleme und hoffen, sie könnten uns sagen, was wir tun sollten.

Meist hören wir dann aber nur, was wir nicht hören wollen. Wir hören den Ratschlag, wir sollten uns trennen, wenn wir so darunter leiden!

Aber das ist gar nicht so einfach!

  • Zum einen leiden wir ja so darunter, weil wir uns nicht trennen können und
  • zum anderen haben wir bereits sehr viel in diese Beziehung investiert.

Haben wir erst einmal so viel Zeit und Energie in das Projekt „Ändere deinen Partner“ investiert, können wir nur noch schwer davon ablassen.  

Das liegt daran, dass unsere Psyche auf einen Erfolg wartet. Irgendwann muss sich diese Investition in die Beziehung und in den Partner doch lohnen!

Je mehr Zeit und Energie wir in eine Sache oder in einen Menschen investieren, umso stärker binden wir uns auch an diesen Menschen oder an diese Sache.

Die Phase des Wartens auf eine Verbesserung, die nicht kommt

Irgendwann geht es dann gar nicht mehr wirklich um die Beziehung mit diesem Partner.

Eigentlich warten wir nur noch darauf, dass wir

  • eine Entschuldigung oder Entschädigung für unser Leiden erhalten oder
  • den Lohn für unser Bemühen bekommen.

Wir sind zwar unzufrieden, können aber nicht loslassen. Vielleichtändert sich der Partner ja doch noch!

Vielleicht kommt die Veränderung zu spät?

In dieser Dynamik verbirgt sich

  • die Angst, der andere verändert sich nicht – das würde wohl bedeuten, wir müssten uns trennen
  • die Angst, der Partner verändert sich, aber er verändert sich zu spät “für uns”.Er ändert sich erst, nachdem wir die Beziehung beendet haben. Dann würde jemand anderes die Belohnung für unser Bemühen bekommen.

Wir können niemanden verändern

Ein älterer Beitrag von mir handelt davon, dass wir niemanden retten können. – Siehe: „Wir können niemanden retten!“

Wir können aber auch niemanden verändern.

  • Wollen wir jemanden retten, geht es um den anderen, darum, dass es dem anderen besser geht.
  • Wollen wir jemanden verändern, geht es um uns selbst, darum, dass es uns selbst besser geht.

Egal ob wir jemanden retten oder verändern wollen, wir werden scheitern.

Wir können uns selbst verändern, aber wir haben keinen Einfluss darauf, dass sich jemand anderer verändert.

Und in dieser Dynamik sind wir gelandet, weil der andere sich oder sein Verhalten nicht geändert hat.

Eine negative Beziehungsdynamik kommt in Gang

Der Versuch den Partner verändern zu wollen, führt dazu, dass wir uns in einer negativen Erfahrungs-Spirale wiederfinden.

  • Dann leiden wir unter einem Verhalten des Partners,
  • leiden darunter, dass der Partner dieses Verhalten nicht ändert,
  • versuchen, dieses Verhalten oder den Partner zu verändern,
  • scheitern mit unseren Versuchen,
  • geben auf,
  • halten dieses Verhalten aus und lassen es über uns ergehen,
  • merken, dass wir es dann doch nicht aushalten,
  • raffen uns wieder auf,
  • versuchen, etwas an diesen Themen zu verändern,
  • nur um abermals zu scheitern und
  • das Ganze beginnt von vorne.

Loslassen steht an

Irgendwann haben wir genügend von den oben beschriebenen Runden gedreht, dass wir nicht nur verstehen, sondern auch ausreichend erfahren haben, dass wir wirklich nichts tun können, um den Partner zu verändern.

Nun stehen wir an einem Wendepunkt:

  • Entweder wir akzeptieren dieses Verhalten, hören auf dagegen anzukämpfen und lernen mit diesem Verhalten zu leben. Wir nehmen den Partner so, wie er ist, denn es gibt ihn nicht anders!
  • Oder wir trennen uns, auch wenn dies Angst in uns auslöst. Vielleicht können wir darauf vertrauen, dass wir einen Partner finden werden, der besser zu uns passt.  

Schlussendlich landen wir stets an einem Punkt, an dem wir loslassen und uns verabschieden müssen.

  • Entweder verabschieden wir uns von unseren Vorstellungen – davon, wie der Partner sein sollte. wie sich der Partner verhalten sollte oder wie eine Beziehung sein sollte,
  • oder wir verabschieden uns von diesem Partner.

Dieses Loslassen ist nicht einfach. Es ist ein Prozess des Abschieds und der Trauer, den wir dabei gehen.

Im Hauptberuf selbstständige Psychotherapeutin mit freier Praxis in Innsbruck. Langjährige Erfahrung in der Begleitung von Menschen. Mehrere Publikationen in diesem Bereich. Erste Buchveröffentlichung: Das Buch des bewusst seins (ISBN-10: 3743101572, Book on Demand). Nebenbei Bloggerin und AFEU-Autorin.

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