(c) Michael Baumgartner

Wohnen in Tirol

oder AUSZIEHEN, AUSZIEHEN, AUSZIEHEN

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Jaaaa, endlich zurück aus der Sommerpause! Es hat doch etwas gedauert, bis ich dazu gekommen bin, die Kolumne wieder aufzunehmen, aber jetzt, kurz bevor ich mich erneut in eine Pause verabschiede, dachte ich, ich schreibe nochmal etwas für euch.

Ich weiß, die Einleitung „AUSZIEHEN, AUSZIEHEN…“ ist etwas verwirrend, und nein, es geht nicht ums Oktoberfest…

Kurze Erklärung: In letzter Zeit haben wir darüber nachgedacht, aus unserer Wohnung auszuziehen und uns zu vergrößern. Da wir gerne in Sistrans bleiben wollen, war die Auswahl überschaubar, und es kam eigentlich nur ein Haus infrage. Nach mehreren Besichtigungen und Gesprächen mit der Bank waren wir eigentlich bereit, das Vorhaben anzugehen und ein Haus in Sistrans zu kaufen. Ja, ich weiß, jetzt denkt ihr sicher: „Wow, dem muss es gut gehen.“ Das dachte ich mir auch, nachdem ich die Finanzierungsmodelle gesehen habe, aber aus einem anderen Grund. Mir ging eher durch den Kopf: „Wow, was, wenn es mal nicht so gut läuft?“ Die Ratenberechnung von über 2.500 Euro pro Monat für die nächsten 35 (!!!) Jahre hat uns zurück in die Realität geholt. WTF. Wir reden hier nicht von einer Villa mit einem Hektar Grund, fünf Bädern und Infinity-Pool. Die Rede ist von einem Reihenhaus mit vier Zimmern, knapp 100 Quadratmetern und einem kleinen (sehr kleinen) Garten. Dafür fast eine Million Euro hinzulegen, wäre verrückt gewesen.

Wir haben mit einigen Freunden darüber gesprochen, und das war gut, denn es wurden tolle Fragen gestellt. Eine davon war: „Wieviel ist euch das Extrazimmer wert?“ Jedenfalls keine 2.500 Euro pro Monat für die nächsten 35 Jahre. Auch der Hinweis „Ihr müsst das für euch kaufen und nicht für den Besuch, der einmal im Jahr kommt!“ hat uns in unserer Entscheidungsfindung sehr geholfen.

Die Entscheidung, das Haus nicht zu kaufen und stattdessen unsere Wohnung umzubauen, war die richtige. Wir besitzen ja bereits Eigentum, wir brauchen kein zusätzliches Zimmer, und für uns ist es wichtig, dass wir unserer Tochter die Welt zeigen können und ohne Bauchschmerzen weiterhin reisen und Ausflüge machen können.

Jetzt stecken wir mitten in den Umbauarbeiten und haben dafür unser komplettes Hab und Gut aus der Wohnung geräumt. Und damit komme ich gleich zum nächsten Thema:
Wieviel Zeug kann man bitte haben?! Der Keller ist voll, der Trockenraum gut gefüllt, die Allgemeinflächen im Haus belegt, und in den letzten vier Wochen habe ich nicht ein einziges Mal gedacht: „Verdammt, das hätte ich jetzt gebraucht, und es ist im Umzugskarton.“

Wir werden definitiv nochmal gründlich ausmisten, wenn wir wieder einziehen. Ich frage mich immer öfter: Was brauche ich eigentlich wirklich? Viel weniger, als man denkt.

Im Moment wohnen wir bei meinen Eltern, die mehr Zimmer haben als wir, und wir halten uns immer in denselben drei auf – also nicht anders als in unserer 3-Zimmer-Wohnung.

Auch ich war anfangs ein bisschen von der Vorstellung getrieben, ein Haus zu besitzen. Mittlerweile bin ich sehr froh, dass wir in unserer „kleinen“ Wohnung bleiben, denn dort haben wir alles, was wir brauchen, und können ohne Kopfschmerzen das tun, was uns wirklich wichtig ist.

Bitte nicht falsch verstehen: Wenn jemand den Traum vom eigenen Haus hat und sagt, es ist ihm das wert – denn Wohnen kann auch ein Hobby sein – dann: Go for it!

P.S.: Was ich mich aber schon frage: Wir arbeiten beide sehr viel, haben also ein recht gutes Einkommen und bereits Eigentum, und selbst für uns ist es unmöglich, uns zu vergrößern. Wir sind durch unser Eigentum in einer sehr guten Position, weil wir nicht müssen, aber wie soll man sich in Tirol jemals etwas aufbauen können, ohne vorher im Lotto gewonnen zu haben?

Ruheloser Serial Entrepreneur und Podcaster aus Innsbruck. Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Redet eigentlich lieber wie er schreibt, aber siehe Satz zu neuen Herausforderungen, weiter vorne. Hat sich seine kindliche Begeisterung für alles was Popkultur betrifft erhalten.

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