(c) Helmuth Schönauer

Veganer Wolf für Tirol

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In Tirol gibt es zwar allerhand Gesetze, aber jedes Gesetz hat vorne und hinten Löcher, durch die seine Substanz entschwinden kann.

Das vordere Loch verhindert, dass das Gesetz überhaupt zur Anwendung kommt, das hintere ermöglicht die Flucht daraus, sollte ein Falscher in die Fänge dieses Gesetzes kommen.

Nun hat naturgemäß jedes Land Gesetzeslücken und blinde Flecken für Gerechtigkeit, problematisch aber wird es, wenn das Land offiziell auf Gesetze vergisst.

In Tirol ist beispielsweise noch immer nicht die Sache mit den Agrargemeinschaften erledigt. Hier wird einfach ausgesessen und weitergemacht, bis vielleicht die nächste Generation den Anspruch auf Rückgabe der Gemeindegründe abschreibt, weil eh schon alles privatisiert ist.

Ein weiterer Gesetzessack mit lauter Löchern ist als Raumordnung über das Land gestülpt. Zwar gibt es schöne Begriffe wie Ausgleichs- oder Vorbehaltsfläche, in Wahrheit kann sich jeder daran vergreifen, wenn er genug Kohle ins Spiel einbringt.

So erstaunt es die Habenichts in Tirol immer wieder, wie easy Trainer und Spieler aus der deutschen Bundesliga sich auf landwirtschaftlichen Flächen einkaufen und sich dabei sogar noch die freie Aussicht aufs Gebirge garantieren lassen.
(Zyniker meinen, dass es mit der farblichen Ähnlichkeit von Fußball-Rasen und Weideland zu tun hat.)

Für alle Wendungen und Windungen durch das System gibt es die Tausendsassa-Formel: „Im öffentlichen Interesse!“

Wenn du ein öffentliches Interesse vorlegen kannst, kriegst du nicht nur Grundstücke in jeder Preis- und Naturlage, wenn du es geschickt anstellst, kriegst du es quasi gratis, damit du darauf etwas Gutes für die Tirolernden entwickeln kannst.

Im Untergrund tauschen Agenturen ständig ihre Geheimnisse aus, wie man in den einzelnen Gemeinden vorgehen muss, dass man zu einem Zweitwohnsitz, Gewerbegrund in der Vorbehaltszone oder einem Tiny-House im Naturschutzgebiet kommt.

Für Alpenfeuilleton ist hier exklusiv verraten, wie man als Startup zu allem kommt, was man von der Öffentlichkeit braucht.

Man muss nur im Ansuchen vorgeben, „einen veganen Wolf zu entwickeln“, dann liegt einem die Tiroler Welt zu Füssen.

Der vegane Wolf ist Brüssel-konform, mit der Jägerschaft kompatibel, in Streichelzoos integrierbar und als touristische Glanzleistung präsentierbar.

Warum nicht einmal etwas Gescheites erfinden, das allen zugute kommt und von öffentlichem Interesse ist? 

STICHPUNKT 24|89, geschrieben am 10.11. 2024

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

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