Im zweiten Teil unseres Interviews mit Shuan Fatah, Coach der Swarco Raiders Tirol, geht es um Rosterplanung, die NFL und goldene Regeln im Football.
Wenn ihr in jedem Bewerb bis ins Endspiel kommt hättet ihr 17 Spiele. Vor allem mit Spielen an aufeinanderfolgenden Tagen (Samstag und am Sonntag) ist das schon eine große Zahl an Spielen.
Samstag und Sonntagsspiele sind schwierig, sind aber im Vorfeld mit den Jungs besprochen worden. Am Ende des Tages müssen wir da aber durch. Ich denke aber es wird für die Fans eine tolle Sache: Wir wollten einmal die Londoner herholen, die Stuttgarter, die Panther aus Düsseldorf. Wir wollten den Leuten einmal etwas neues bieten, weil wir haben hier einfach tolle Fans. Und das ist ärgerlich wenn die nur zu vier Heimspielen kommen.
Gerade in der Battle-4-Tirol ist auch ein hoher logistischer Aufwand nötig
Ja, das dass geklappt hat ist ein Meisterwerk. Man muss verschiedene Spielpläne mehrerer Nationen unter einen Hut bringen: Schweiz, England, Deutschland und Österreich. Wir wollen den Sport eben auch einmal zelebrieren und nach dem Spiel am Sonntag, wenn wir denn die Stuttgarter geschlagen haben (schmunzelt) auch sagen können: „Hey, war das nicht eine tolle Sache!“
Wenn man maximal 17 Spiele hat: Wie sieht da der Roster aus? Ist der relativ gleich oder wird da viel rotiert?
Wir haben uns mehrere Leute geholt, weil wir das natürlich auch alles stemmen müssen. Wir können aber auch nicht mit einem reinen Tiroler Roster antreten, dafür ist Tirol zu klein.
Du bist jetzt fünf Jahre in Innsbruck. Wie gefällt es dir eigentlich nach so langer Zeit?
Super, ich habe noch keinen Tag bereut. Vom Umfeld, von den Leuten her die sind sehr nett. Auch von den Möglichkeiten, dem Sponsor und dem Management, die machen einem das Leben auch leicht. Ich spüre den Rückhalt der Leute für das was wir hier machen. Wenn der einmal weg wäre muss man wahrscheinlich weiter ziehen. Aber ich mag Tirol sehr, Tirol ist auch nach fünf Jahren zu einem wichtigen Ort für mich geworden. Ich habe ja auch kurdische Vorfahren – Bergvolk – das passt (lacht).
Was sagst du zur Kooperation mit den Oakland Raiders?
Einzigartig in dieser Form, kein anderes Team weltweit hat eine Kooperation mit einem NFL-Team.
Wie kann man sich das vorstellen? Besucht man die Raiders regelmäßig?
Ich bin nicht jedes Jahr dort. Wir waren im Trainingscamp, Marketingleute von uns waren auch in Oakland. Auch der Geschäftsführer und die Cheerleader. Solche Sachen machen wir, wir wollen das alle einmal „dürfen“. Für die Entwicklung des Vereins ist das ein Wahnsinn. Allein zum Reinschnuppern in die NFL. Und auch die (Oakland) Raiders setzen jeden Spielbericht und jeden Transfer von uns auf ihrer Homepage online. Das ist für uns ein großer Pluspunkt, weil die amerikanischen Spieler das ihren Familien zeigen können: „Klick mal Oakland Raiders an“ und dann ist ihr Gesicht da. Da ist der Knaller!
Sprechen wir kurz über die NFL. Die NFL verfolgst du logischerweise.
Ja ist ja auch mein Job , ich muss ja wissen was passiert.(lacht).
Wir sind jetzt in der Offseason, kurz vorm Draft. Vor dem Draft findet immer der Combine statt. Ich wollte dich fragen worin der Unterschied zwischen dem Combine und einem Try-Out, das ihr ja auch veranstaltet, besteht. Natürlich kennt man die Spieler die am Combine teilnehmen schon aus Highschool- und Collegezeiten. Worauf schaut man bei einem Try-Out, an dem Spieler teilnehmen, die man gar nicht kennt?
Beim Combine gibt es vorgefestigte Tests, die Sachen sind ja belegbar und auch empirisch nachvollziehbar: wer ist schnell, wer ist langsam. Da gibt es Werte der letzten zwanzig Jahre oder sogar noch länger, die herangezogen werden. Beispielsweise den 40-Yard-Lauf, der in der NFL als sehr wichtig gilt. Teilweise draften manche Vereine nur nach dem Kriterium Schnelligkeit. Auch Bankdrücken, vertikal Jump usw. Das sind festgeschriebene Übungen die wir bei unseren Try-Outs auch machen.
Genau das habe ich gemeint. Übernimmt man bei einem Try-Out auch solche Übungen?
Ja machen wir auch. Gerade weil auch viele die zu einen Try-Out kommen den Combine sehen und das auch einmal machen wollen. Wir wollen die Jungs da schon mit dem Feeling und Flair beliefern. Wir addieren aber natürlich auch noch ein paar Übungen für uns, weil natürlich viele brandneue Anfänger sind. Aber die gehen von unserem Try-Out nach Hause und können sagen: „Ich hab’ ein Football Try-Out gemacht.“
Du musst mir jetzt bei einer persönlichen Einschätzung weiterhelfen: Wenn man zu Hause auf der Couch sitzt ist man ja meistens immer gescheiter. Wenn ich an Spiele wie das heurige NFC-Finale zwischen Green Bay und Seattle denke, wo man viele vierte Versuche nicht ausspielt, dann denke ich mir aus irgendeinem Grund: ein europäischer Trainer würde das nicht so konservativ spielen. Der würde mehr aufs ganze gehen. Ich weiß schon lieber Punkte aufs Scoreboard…
Da sind zwei Aspekte die da ins Spiel kommen. Nummer eins: die Person des Headcoaches, das ist schon einmal unabhängig vom Pass und der Nationalität. Da gibt es auch in Europa sehr viele konservative die nur kicken und dann gibt es die Wahnsinnigen, die einfach gern gegen jede Norm crazy spielen. Die gibt es hier wie in den USA.
Und dann gibt es diese Footbalregeln, diese alten Weisheiten eines Vince Lombardi oder eines Knute Rockne, die lange vor uns da waren und sagen: bestimmte Dinge macht man nicht. Zum Beispiel gibt es eine Regel die besagt, dass wenn du ein Field Goal schießt und da ist eine Flagge auf dem Feld und du könntest ein neues First Down bekommen, dann gilt die Regel: „never take points off the board“. Jetzt gibt es natürlich die jungen Wilden die das komplett ignorieren und die alten die wie an die Bibel daran glauben, dass das jetzt wie das zehnte Gebot ist.
Da ist jeder anders. Ich gelte sicherlich auch nicht als sehr wilder Coach und würde mich als Oldschoolcoach bezeichnen.
Das ist aber bestimmt auch eine Gefühlssache: Wenn du siehst deine Jungs sind grad on fire, wir rennen gerade, dann wird man wahrscheinlich eher sagen: „Passt, wir spielen den Vierten“?
Genau, wer gegen mich spielt der würde dann schon sagen: „der Shuan. Manchmal wundert man sich was er dann plötzlich macht.“ Und das ist auch gut so, ich will ja auch unberechenbar bleiben. Aber grundsätzlich folge ich zum Beispiel sehr gerne den alten Regeln und habe da eigentlich immer auch Erfolg damit gehabt.
Die Idee ist ja, dass du bis zum Ende des Spiels drinnen bist und die Chance hast das Spiel zu gewinnen. Wenn du zu viele Kamikaze-Aktionen machst und keine Touchdowns bekommst aber zwei, drei Field Goals schießen hättest können…
Das Gefühl kenne ich von Madden
Genau das ist das, dasselbe Gefühl haben wir auch an der Seitenlinie, nur das wir nicht Madden spielen.
Und das es in Madden um nicht so viel geht
Ja, das sind verschiedene Taktiken. Man darf natürlich nicht vergessen, Headcoaches werden dafür bezahlt das Beste für die Mannschaft zu machen. Das behalte ich immer in meinem Auge, dass ich das Beste für den Verein und nicht für mich persönlich mache. Ich bin nicht da um mein Ego zu pushen.