Als im August 1914 der Krieg ausbrach, wurden die Tiroler Soldaten hauptsächlich an die Ostfront nach Galizien geschickt, um gegen Russland zu kämpfen. Begeistert und motiviert zogen Männer aus allen Teilen Tirols aus, um eine schnelle Entscheidung zu erreichen. Der Krieg würde nicht lange dauern, war man sich im Kaiserreich sicher. Ganz Europa hatte massiv aufgerüstet und war bereit die neuen Waffen und Wissenschaften einzusetzen und auszuprobieren. Österreich-Ungarn bildete mit dem Deutschen Reich die so genannten Mittelmächte und kämpfte gegen die Entente, einem Bündnis bestehend aus Frankreich, Großbritannien und Russland. Detaillierte Pläne wurden erstellt, die Deutschen rechneten sich beispielsweise minutiös aus wann sie in Paris einmarschieren würden. Der Feldzug sollte aber schnell zu einem reinen Stellungskrieg in den Schützengräben verkommen, an der Westfront war kein wesentliches Vorkommen zu verzeichnen. Österreich wollte vor allem die Gebiete im Osten des Reiches sichern: Galizien, im Westen der heutigen Ukraine wurde von den Russen angegriffen. Italien war zu diesem Zeitpunkt neutral, allerdings schon längere Zeit an den italienischen Gebieten Österreichs – Welschtirol/Trient und Triest – interessiert.
Das Verteidigungsministerium beschloss den Kampfeinsatz Tiroler Landesschützen und des Landssturms im Osten, zum großen Unwillen der Landeshauptleute Vorarlbergs und Tirols: Im September 1914 protestierten Adolf Rhomberg und Dr. Theodor Kathrein beim Verteidigungsminister gegen diese „unverständlichen Maßnahmen“. Mit dem Abzug der Truppen aus Tirol, war das Land quasi nicht geschützt. Beide verwiesen auch darauf, dass die Südgrenze des Landes nicht als sicher gelten konnte, da Italien eine zweifelhafte Haltung einnahm.
Tatsächlich „vergaß“ oder ignorierte Kaiser Franz Joseph Italien, als man sich die Unterstützung von Deutschland für den Krieg gegen Serbien sicherte. Ein Fehler und Vertragsbruch, da Österreich mit Italien und Deutschland 1882 den Dreibund schloss. Italien erklärte sich daraufhin für neutral und wollte frei sein „von jedem Vorurteil, von jedem Gefühl, das nicht das einer ausschließlichen und grenzenlosen Hingabe an das Vaterland und des heiligen Egoismus für Italien ist.“ Der „sacro egoismo“ war geboren, Antonio Salandra, Italiens Ministerpräsident, prägte diesen. Natürlich kommt in Krisenzeiten eins zum anderen und so war es für die weiter Weltgeschichte nicht unwichtig, dass im Oktober 1914 Italiens Außenminister Marchese Antonio di San Giuliano verstarb. San Giuliano war zeitlebens von der neutralen Rolle Italiens überzeugt und hielt nichts von den aufkommenden Forderungen in den Krieg einzuziehen. Vor allem einem Eintritt auf Seiten der Entente konnte er nichts abgewinnen, da ein Angriff auf Österreich in und von ganz Europa als hinterhältig und unehrlich betrachtet werden würde. Salandra übernahm San Giulianos Position und konnte den Kurs des heiligen Egoismus weiter ausbauen und verbreiten. Mit Alberto Pollio hatte Salandra einen fanatischen Kriegsbefürworter als Generalstabschef zur Seite. Das Unheil begann seinen Lauf zu nehmen.
Episodenweise wird versucht, die Geschichte des ersten Weltkriegs in Tirol zu erzählen. Der nächste Teil behandelt weitere Hintergründe und schließlich die Kriegserklärung Italiens an Österreich.
Weitere Inhalte zum Südtirol Schwerpunkt: Kommentar, Bildergalerie, Historischer Text Teil 1, Teil 2