Warum gibt‘s euch 2015 überhaupt noch? Seid ihr für Menschen da, die sonst keinen sozialen Anschluss finden? Bekommt man bei euch Jobs in Politik und Wirtschaft? Warum nehmt ihr meist nur Akademiker auf? Lernt man bei euch Tradition, Disziplin und Mensur? Warum sind das meist Männervereine? Lebt man dort homoerotische Phantasien aus, die in euren Kreisen sonst so verpönt sind?
Höchste Zeit den Blick des 21. Jahrhunderts auf euch zu präsentieren!
Meine erste Wahrnehmung über euer Dasein: Der jährliche FPÖ-Ball in der Hofburg. Die „Rechten“ Europas treffen sich – und dagegen protestieren diverse linke Gruppierungen und Holocaust-Überlebende. Jetzt kommt sicher gleich der Aufschrei: „Du Unwissender! – Du musst differenzieren! Es gibt katholische, Mittelschul-, Hochschul-, Frauen-, Schlagende-, Nicht-Schlagende-Verbindungen – und wahrscheinlich noch weitere…“
Warum überhaupt diese Zusammenrottung in Vereinen?
Ich komme aus einem Dorf im mittleren Oberinntal. Dort gibt es halt „die Musig“, dort spielt man Musik. Es gibt diverse Sportvereine, dort macht man Sport. Und natürlich die Feuerwehr, die löscht Feuer. Aber auch wir haben Vereine, deren Daseinsberechtigung im Heute sich mir nicht erschließen: die Schützen, die schießen (warum auch immer) und die Krampusse. Männer, die gerne Strumpfhosen, Fell, Kuhglocken und Holzmasken tragen. Dabei geht es ja auch immer um soziale Freizeitgestaltung. Ist man also zu langsam für die Feuerwehr und zu blöd für „die Musig“, dann landet man bei den Schützen – ein Sammelbecken für alle, die nichts können, nach der Arbeit aber nicht allein sein wollen. Gefeiert und gesoffen wird viel – man braucht ja Geschichten, die man erzählen kann, wenn das Leben in den Bergen sonst so trist ist, oder?
Gesoffen und gefeiert wird bei euch Gerüchten zufolge auch. Wenn „die Musig“ Musik macht, so ist – laut logischer Conclusio – eine Verbindung da um Verbindungen herzustellen. Lieg´ ich da richtig?
Ich ging in Stams zur Schule. Dort gab es die Mittelschulverbindung „Bernardia“. Ab und an kamen da Jungs in die Klasse und fragten, ob man zu Ausflügen mitfahren will. Einmal fragte der Geschichtslehrer dann: „Dürfen die Damen auch mit?“ – Worauf ein verschämtes „Nein“ kam und die schnelle Ergänzung: „Aber sie dürfen uns vom Bus abholen und dann geh‘ ma was trinken.“
Einige (meines Wissens der Großteil) der Studentenverbindungen sind reine Männervereine – auch interessant. Ein gefundenes Fressen für Feministen, die auf die patriarchalen Strukturen in diesen Kreisen verweisen können – zu Recht irgendwie. Warum ist im Jahr 2015 Penis oder Vagina ein Ausschlusskriterium für eine Mitgliedschaft? – „Es gibt auch Frauenverbindungen! Und gemischte!“, kommt dann immer – WOW – wie zukunftsweisend!
Dann gibt es ja auch noch die schlagenden Burschenschaften. Wenn man sich hierarchisch nach oben arbeitet, ist man irgendwann bereit für die Mensur. Akademiker schlagen sich dann mit Säbeln die Köpfe ein. „Angst überwinden“ oder sowas steht da im Zentrum. Die durchwegs nicht ungefährlichen Verletzungen müssten bei einem Krankenhausbesuch angezeigt werden, so höre ich. Das ist aber kein Problem, weil viele Ärzte selbst schlagende Burschenschaftler sind. Ich finde es unendlich schräg, dass die „geistige Elite“ an Ärzten und Juristen zum Teil in ihrer Freizeit nichts Besseres zu tun hat, als sich auf stilvolle Weise blutig zu schlagen. Ich wiederhole mich: Wir haben 2015! – Holt eure Smartphones raus und macht ein Quizduell oder so!
Vieles wird mit Tradition gerechtfertigt: „Weil es immer schon so war“. Das ist ja besonders erbärmlich, wenn das in euren akademischen Kreisen alles ist, was ihr an Argumenten übrig habt, oder? Kritisches Hinterfragen?! Vor 150 Jahren durften Frauen auch nicht wählen – aber das wisst ihr vielleicht nicht, wenn ihr nur in eurer Buberlpartie Spaß habt.
Anscheinend findet man dort „Freunde für’s Leben“ – erinnert mich irgendwie an Harry Potter und das Haus Slytherin – wer dort hinkommt „wird wahre Freunde finden“, heißt es. Gleichzeitig kommen alle bösen Zauberer nur aus diesem Haus. Gibt’s da Parallelen? Liberale und Nazis kommen doch aus euren Reihen? Vielleicht liegen Gut und Böse näher beisammen, als gedacht.
Bei der letzten ÖH-Wahl fand eine Diskussion in den „ehrenwerten Hallen“ (so nannte es ein Verbindungs-Typ) der „Austria“ statt. Dort waren diverse Bübchen in ihren Kostümchen mit Hütchen und Schleifchen. Zum Teil waren das echte soziale Härtefälle. Man sah in ihren Augen deren traurige Vergangenheit: unattraktive, unsichere Mobbingopfer, die es sicher nicht leicht hatten. In der freien Wildbahn des 21.Jahrhunderts, wo Selbstbewusstsein und Authentizität essentiell sind, wären das die Gefressenen, ganz unten in der Nahrungskette – da hilft auch der „ausgezeichnete Erfolg“ im Maturazeugnis nichts.
Aber weil es ja mehrere von euch gibt, rottet ihr euch akademisch zusammen und seid stark in der Gruppe. Jeder darf unter strikten Regeln ein Teil sein und kann sich hoch arbeiten. Dazu winken noch lukrative Jobs, weil eure Selbsthilfegruppen bis tief in die Politik und Wirtschaft hinein verwurzelt sind. Dann steht ihr endlich ganz oben – über jenen, die euch früher so verletzten – dann seid ihr Jemand!
Wenn das sozialen Härtefällen einen Sinn im Leben gibt, kann man das ja auch durchwegs positiv sehen. Nur will ich eigentlich nicht, dass diese Menschen in Politik und Wirtschaft etwas zu sagen haben. Wer ohne Gruppe nichts ist, ist mit Gruppe auch nichts – vielleicht würde euch wirklich bemitleidenswerten Bubis auch ein Yoga-Kurs weiterhelfen – aber dann werdet ihr ja wieder gemobbt – ach, was weiß ich…
Liebe Grüße …
Die Antwort auf diesen Brief findet man hier: http://goo.gl/F2J8PE
Beitragsbilder: Wikipedia.de/gemeinfrei
Lieber Lukas,
wenn du schreibst, dass die Schützen ein „ein Sammelbecken für alle, die nichts können, nach der Arbeit aber nicht allein sein wollen.“ ist und alle Schützen zu blöd für die Musik sind, zeugt es nicht von allzu großer Toleranz und Akzeptanz anderer.
Du sprichst Menschen in Verbindungen als „bemitleidenswerten Bubis“ an und erwartest von ebenjenen ein ehrliche Antwort? Wie würdest du selbst antworten, wenn ich dich als „intoleranten Vollpfosten“ ansprechen würde?
Toleranz ist keine einseitige Geschichte. Ich kann nicht von anderen Toleranz fordern, wenn ich selbst keine vorlebe. Ich kann nicht fordern, was ich selbst nicht schaffe.
Ich bin selbst kein Burschenschafter, gehöre keiner Verbindung an. Ebenso habe ich weder mit den Schützen, Musig oder sonst irgendeinem Verein etwas am Hut. Ich bin aber ein Mensch, dem es gewaltig auf den Keks geht, wenn heutzutage alle nur mehr gegeneinander arbeiten, keiner einander zuhört und Toleranz nur mehr eine Forderung, aber keine ehrliche Lebenseinstellung mehr ist. Ich finde es abscheulich, wenn Möchtegernweltverbesserer andere beleidigen während sie gleichzeitig Weltoffenheit fordern.
Vielleicht bringe ich dich mit diesem Gedanken selbst ein wenig zum Nachdenken, in meinen Augen fängt Toleranz bei jedem und jeder selbst an!
Ps: Mich würde es selbst interessieren, wofür es im Jahr 2015 noch solche Verbindungen braucht!
Eine Antwort auf Dein PS wird es demnächst hier geben!
Freu mich schon
Sehr schöner Artikel,
Sie hätten aber nocht etwas genauer recherchieren können, dann wüssten Sie auch, dass wir alle einen Hitler-Schrein auf unseren Häusern haben und den Weltuntergang anstreben, wenn wir gerade nicht mit Verzehr kleiner Kinder beschäftigt sind.
Liebe Grüße aus Slytherin.
PS: Da ich kein schlagender Burschenschafter bin, sondern „nur“ katholisch Korporierter, bin ich wahrscheinlich grad noch Draco Malfoy in Ihren Augen, denn für Voldemort bin ich leider nicht böse genug. 😉
Die Schützen wären demnach wohl Hufflepuff – die nehmen alle.
Ich finde es ja interessant, dass Du dir die Mühe machst so ausführlich über einen Haufen unattraktiver, unsicherer Mobbingopfer mit lustigen Hütchen zu schreiben.
Wenn Verbindungen nur ein Zusammenrottung an Verlieren sind (bzw. besser wären) warum dann diese Mühen? Warum sich ärgern über Vereine, die ja achso reaktionär und böse sind und achja rechts sind die ja auch noch, wenn es doch eh nur eine Gruppe an Versagern ist?
Ich glaube man kann Verbindungen einiges vorwerfen, aber dein Urteil ist weit gefehlt. Wenn dem so wäre, wie du es schilderst, hättest du dieden Artikel wohl gar nicht geschrieben, oder pflegst du auch sonst dich über die ‚Verlierer der Gesellschaft‘ lustig zu machen?
Du scheinst leider noch nie mit einem Verbindungsstudenten geredet zu haben, leider! Kann dir gerne anbieten dein Versäumnis nachzuholen.
die letzten 4 worte wären super als überschrift…
Was haben dir die Menschen angetan? Der Artikel ist derart schlecht geschrieben dass ich mir überlegen würde damit aufzuhören und vielleicht was gscheides zu arbeiten z.B. auf einer Baustelle?
Und jeder Student muss auch nicht deiner Einstellung sein oder?Also würde hier „asozial“ eine neue Bedeutung erlangen…
Bringt es ziemlich auf den Punkt. Junge sozial unterentwickelte Jungs haben so die Möglichkeit Nazis zu werden und ein bißchen rum zu Säbeln. Mittlerweile eher lustig als zeitgemäß. Von den Federn und Helmen und Schleifen ganz zu schweigen. Geht doch mal so in die Uni ihr Pfeifen. Vielleicht fänden andere eueren Kasperlverein dann auch endlich lustig? 😀
Liebe Leute,
eins gleich vornweg: ich bin nicht Mitglied irgendeiner Verbindung. Ich finde aber schon, dass jemand der öffentlich seine Meinung zu diesem Thema kundtut das ganze etwas differenziert angehen sollte. Es ist unfair katholische Verbindungen auf eine Ebene mit rechtsnationalen Burschenschaften zu setzten. Bloß weil sie ähnliche Tracht tragen müssen sie ja nicht gleich denken. Und wenn sogar ich das weiß, sollte das jeder andere der sich zu dem Thema äußert auch wissen.
Ich verstehe nicht, weshalb diese Diskussion überhaupt geführt wird. Wie kommt es, dass sich Verbindungen ständig legitimieren müssen? Weshalb diskutieren alle möglichen Leute, darunter viele welche gar keinen Bezug dazu haben, über die Existenzberechtigung einer Verbindung? Ich kenne keinen Artikel, welche zum Beispiel einen Berner- oder Walliserverein nach ihrer Legitimation fagt. Solange niemand geschädigt wird, besteht doch kein Problem. Also sehe ich(mindestens in der Schweiz) die Notwendigkeit der Diskussion nicht. Jeder Verein hat meiner Meinung nach eine Legitimation, solange wie er Mitglieder hat. Wenn sich Keiner mehr dafür interessieren würde, gäbe es ihn einfach nicht mehr.