Formel 1: Länger, lauter, spannender?

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Alles neu oder doch wieder alles beim alten? Die Formel 1 musste sich in den vergangenen Jahren einiges an Kritik gefallen lassen: zu langweilig und zu vorhersehbar würden sich die Rennen entwicklen, die Motoren würden eher an Staubsauger als an leistungsstarke Maschinen erinnern und am Ende gewinnt Lewis Hamilton. Soweit die durchgängige These. Einiges soll sich diese Saison ändern.

Motor lauter, Qualifikation neu:

Gerade der leise Motorensound lässt eingefleischte Formel 1-Fans seit Jahren mit weinenden Augen und einem Nase rümpfen zurück. Heuer soll mindestens ein zweites Auspuffrohr für den nötigen Pepp sorgen: der überschüssige Ladedruck wird durch die weiteren Auspuffrohre gedrückt, Leistung oder Schadstoffausstoß sollen dadurch nicht beeinflusst werden.
Das leidige Reifenthema könnte gelöst oder verkompliziert worden sein: Pirelli stellt weiterhin zwei Reifenmischungen pro Rennen zur Verfügung, allerdings steht es dem Team frei welche Mischung verwendet werden soll. Bisher mussten die Teams beide Mischungen verpflichtend benützen. Zusätzlich stellt Pirelli noch eine dritte Mischung zur Auswahl, die von den Teams ebenfalls gewählt werden darf. Somit gibt es bis zu drei verschiedenen Reifentypen pro Rennen, die Rennställe entscheiden selbst, welche Mischungen sie für die geeignetsten halten. Ein besonderes „Goodie“ gibt es auch für das Qualifying: jeder Fahrer erhält für den letzten Abschnitt einen zusätzlichen Satz der weichsten Reifenmischung.
Für mächtig Gesprächsstoff sorgt der überarbeitete Qualifikationsmodus: die drei gewohnten Phasen bleiben zwar erhalten, das soll aber auch schon alles gewesen sein. Die Dauer der Phasen wurde geändert – Q1 dauert 16 Minuten, Q2 15 Minuten, Q3 14 Minuten –  wonach die langsamsten Fahrer nach einer gewissen Zeit ausscheiden. Als Beispiel: In Q1 scheidet nach sieben Minuten der langsamste Fahrer aus, danach folgen alle 90 Sekunden weitere Fahrer bis nur noch 15 Piloten übrig sind. Dabei zählen angefangene, nicht mehr beendete Runden als ungültig. Im Idealfall erwartet man sich vom neuen Format mehr Spannung, da die Fahrer recht früh auf die Strecke müssen und am Ende ein Showdown zwischen den beiden schnellsten Piloten bevorstehen soll. Eine K.O.-System also, das nicht nur auf Freude stößt. Die Idee sei zwar auf dem Papier gut, jedoch könnte der Schuss auch nach hinten losgehen, weil die Teams eben nicht wissen, was auf sie zukommt: was passiert bei Regen oder bei roten Flaggen? Für die Zuschauer könnte das wirklich für Spannung sorgen, die Piloten zeigen sich derweil noch bedeckt begeistert.
Noch nicht zum Einsatz kommt der Cockpitschutz. Dieser soll nächstes Jahr, etwa in dieser Form, serienmäßig eingebaut werden.

Mehr Rennen, neue Teams, neue Gesichter:

Erstmals in der Geschichte der Formel 1 finden heuer 21 Rennen statt. Der Große Preis von Deutschland kehrt in den Rennkalender zurück, gefahren wird am Hockenheim-Ring. Ebenfalls erscheint der Große Preis von Europa wieder: dieser wird erstmals in Baku/Aserbaidschan ausgetragen. Wieder ein Stadtkurs mehr, diese stehen ebenfalls nicht erst seit gestern in der Kritik. Zudem müssen sich eingefleischte Fans an die neue Kalenderordnung gewöhnen. Malaysia wechselt in die zweite Saisonhälfte, Russland dafür in die erste.
Mit Haas steigt zum ersten mal seit 29 Jahren ein U.S.-amerikanisches Team in die Formel 1 ein. Der Südtiroler Günther Steiner soll als Teamchef für das nötige Know-How sorgen. An Erfahrung sollte es dem 50-Jährigen nicht fehlen, war er davor schon Teamchef bei Jaguar und Red Bull. Das Team fährt mit Ferrari-Motoren und auch sonst verlässt man sich auf Produkte aus Maranello: vom Getriebe bis zur Elektronik und Lenkung inkl. Fahrersitz setzt man bei Haas auf Komponenten von Ferrari. In den Cockpits nehmen der Mexikaner Esteban Gutierrez (zuvor Sauber) und der Franzose Roman Grosjean (zuvor Lotus) Platz.
Lotus gibt es nach jahrelangen finanziellen Problemen auch nicht mehr, Renault übernimmt den Rennstall und tritt damit erstmals seit 2009 wieder mit einem eigenen Team an.
Für Manor gehen zwei neue Gesichter ins Rennen. Der Indonesier Rio Haryanto gilt als Rookie und noch nicht wirklich erfahren, allerdings hat er das nötige Kleingeld um ein Cockpit zu erhalten. Sein Teamkollege hingegen ist ganz und gar ein unbekannter sondern eines der größten Motorsporttalente: Pascal Wehrlein. Der 21-Jährige krönte sich vergangenes Jahr zum jüngsten DTM-Champion aller Zeiten und erhielt endlich sein lang ersehntes Formel 1 Cockpit. Natürlich ist von Manor nicht viel zu erwarten, mit Wehrlein steht ihnen aber ein sehr ambitionierter Fahrer zur Verfügung.
Ebenfalls neu ist Renaults zweiter Fahrer Joylon Palmer. Der 24-jährige Brite hat das Formel 1-Gen förmlich im Blut, denn schon sein Vater Jonathan startete in der Königsklasse. Joylon gewann 2014 die GP2 Serie und war im vergangenen Jahr schon Testfahrer bei Lotus. Nun übernimmt er das Cockpit von Roman Grosjean.

Team (Motor) Nr. Fahrer
Mercedes AMG Petronas F1 Team (Mercedes-Benz) 44
6
Lewis Hamilton (GBR)
Nico Rosberg (GER)
Scuderia Ferrari (Ferrari) 5
7
Sebastian Vettel (GER)
Kimi Räikkönen (FIN)
Williams Martini Racing (Mercedes-Benz) 19
77
Felipe Massa (BRA)
Valteri Bottas (FIN)
Red Bull Racing (Tag Heuer) 3
26
Daniel Ricciardo (AUS)
Daniil Kwjat (RUS)
Sahara Force India F1 Team (Mercedes-Benz) 27
11
Nico Hülkenberg (GER)
Sergio Perez (MEX)
Renault Sport F1 Team (Renault) 20
30
Kevin Magnussen (DEN)
Joylon Palmer (GBR)
Scuderia Torro Rosso (Ferrari) 33
55
Max Verstappen (NL)
Carlos Sainz jr. (ESP)
Sauber F1 Team (Ferrari) 9
12
Markus Ericsson (SWE)
Felipe Nasr (BRA)
McLaren Honda F1 Team (Honda) 14
22
Fernando Alonso (ESP)
Jenson Button (GBR)
Manor Racing MRT (Mercedes-Benz) 94
88
Pascal Wehrlein (GER)
Rio Haryanto (IDN)
Haas F1 Team (Ferrari) 8
21
Roman Grosjean (FRA)
Esteban Gutierrez (MEX)

Was darf man sich erwarten?

Wieder einen Zweikampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Allerdings dürfte auch Sebastian Vettel ein gehöriges Wort mitreden, Ferrari dürfte wieder einen Schritt näher an Mercedes heran gekommen sein. Eine richtige Einschätzung kann man erst nach den ersten Rennen bzw. frühestens nach dem Rennen vom Sonntag abgeben. Man wird sehen wie sich der K.O.-Qualifikationsmodus schlägt und ob er wirklich für die nötige Spannung sorgt.
Der Große Preis von Australien findet am Sonntag, 20. März statt. ORF überträgt ab 5:25.

Titelbild: Formel1.de

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