Wenn man für ein Neugeborenes einen Namen sucht, spiegelt das die Hoffnungen und Vorgaben der Eltern: Das Kind soll der Familientradition, einem Heiligenleben, einer Berühmtheit nacheifern. Und wenn wir jemanden kennenlernen, ist dessen Name neben seinem Äußeren der erste Ankerpunkt für unser Vor-Urteil. Oft kommt es zu gar keiner näheren Bekanntschaft, wenn das nicht passt.
Und bei Parteien? Die Altparteien hatten ja noch keine Werbefachleute zur Hand, also taufte man seine Bewegung, wie man ein Kind getauft haben würde – nach Wunschvorstellungen für die Zukunft, denen die Gruppierung zusteuern wollte.
Und so wie den meisten Kindern, ergeht es auch den Parteien: Sie werden ihrem Namen in keinster Weise gerecht. Gruppierungen, welche die Freiheit im Namen führen, laufen mit Vorliebe einem autoritären Staatsbegriff hintennach. Wer sich als „Volkspartei“ sieht, braucht natürlich über die eigene Klientel hinaus kein weiteres Volk in Betracht zu ziehen, und wer Recht und Gerechtigkeit schon im Namen trägt, kann die unabhängige Justiz ruhig abschaffen.
Wer das Soziale im Namen führt, kann die kleinen Leute für eigenen Gewinn ans Großkapital verkaufen. Und jene, welche sich „christlich“ oder „demokratisch“ nennen, die kennen keinerlei moralische Grenzen, wenn es um den persönlichen Machterhalt geht! Am allerschlimmsten sind Einheitsparteien in „Gottesstaaten“, die können im Namen eines womöglich gar nicht vorhandenen höheren Wesens sowieso hausen, wie sie wollen.
Wohin man schaut: Allseits geben sich politische Parteien mit einer Namensproklamation zufrieden, und die Wähler meist ebenso. Wer liest schon Inhaltsstoffe nach, wenn einem der Produktname glänzend ins Auge springt? Die Kauf- wie Wahlentscheidung fällt nach schönen Bildern und wohlklingenden Namen.
Doch es gäbe einen einfachen Weg, der Täuschung zu entgehen: Nehmen Sie einfach das Gegenteil der im Namen genannten Eigenschaften an. Bis zur faktischen Widerlegung Ihres Vor-Urteils.