Tirol unkaputtbar – authentisch im Sightseer

17. September 2024
1 Minute Lesezeit
(c) Helmuth Schönauer

Der Sightsseer gilt als verlässliches Instrument, Innsbruck in seinem Kerngerüst an Geschichte, Kultur und Sport zu erleben.

Mindestens fünfmal am Tag fährt der Bus – ausgestattet mit einem fünffachen Sprachenkanal – vom Marktplatz aus durch sehr ansprechende Gegenden wie Defreggerstraße, Pacherstraße, Leopoldstraße, Anichstraße und Mariahilfpark zurück zum Ausgangspunkt. 
Ein Abstecher zum Hauptbahnhof ermöglicht ein rasches Verlassen der Stadt bei Nichtgefallen.

Wem das Gequassel aus dem integrierten Guide zu kotzig und protzig ist, der kann sich über QR-Code an jeder Straßenecke eine persönliche Information in persönlicher Sprache herunterladen.

In Planung ist einmal am Tag ein sogenannter First-Nation-Palaver.

Dabei steigen zwei Angehörige der First-Nation (meist aus Hötting oder der Höttinger Au) zu, und entwickeln einen konzentrierten Palaver vor den Gästen. Diese haben sofort das Gefühl von Authentizität, wenn sie den beiden auf Innsbruckerisch machenden Personen zuhören.

Auf Zuruf von Schlüsselwörtern, entwickeln die beiden einen Spontan-Dialog, wie er täglich in den Innsbrucker Öffis stattfindet.

Ein Grundgerüst von siebzig Mikro-Dialogen garantiert, dass der Stoff nicht ausgeht.

Diese Dialoge hintereinander abgespult entsprechen genau der Fahrtzeit einer Sightseer-Runde.

Die Dialoge sind in Gestalt eines Büchleins „over-tyroled“ haptisch nachreichbar oder können während der Fahrt mitgelesen werden, wenn sich die Kundschaft vorher mit dem Büchl eingedeckt hat.

Probe aus dem Einheimischen-Fundus:

Sex App
– Und was macht der Sex bei Ihnen im reifen Alter?
– Seit wir eine Sex App benützen, geht es uns blendend dabei. Diese App zeigt uns nämlich punktgenau, wann wir fertig sind.

Semi-Optimismus
– Na, wie gehts daheim?
– Ich bin der gesündere Teil einer kranken Beziehung.

Kein Türgeschäft
Gefrierwarenanbieterin klingelt:
– Hallo, der neue Katalog ist da, wollen Sie ihn durchblättern, sind leckere Speisen drin.
Rentner angefressen:
– Nein danke, ich bin schon bei Essen auf Rädern.

Zusammen mit dem Ambiente der Stadt machen diese Gespräche in subtiler Mundart einen unvergleichlichen Eindruck auf die Sightseeenden, welcher Sprache immer sie auch angehören wollen.

STICHPUNKT 24|71, geschrieben am 10.09. 2024

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

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