Einer verschollenen Sage nach sollen die Tirolernden Kinder geschlechtslos, dafür aber mit Berg- oder Schischuhen ausgestattet auf die Welt kommen.
Vermutlich auf den Kern dieser Sage geht die Eigenschaft der Tirolernden zurück, in allen Lagen trittsicher zu sein.
Auch wenn nach der Pubertät die meisten mit Geschlechtsorganen und Sneakers ausgestattet sind, bleibt die sogenannte Trittsicherheit oberstes Gebot im Lande.
Jedes Wochenende verunfallen nämlich Dutzende Touristen in den Bergen, wenn sie glauben, durch bloßes Überstreifen von Sneakers schon zur Trittsicherheit zu gelangen.
Während die Einheimischen im Gelände kaum einen Fehltritt setzen, fehlt ihnen die Trittsicherheit meist im gesellschaftlichen oder politischen Bereich.
Zwar sind Apps im Umlauf, mit denen man die Grundbegriffe politischen und sozialen Agierens nachlesen kann, aber meist scheitern die Anwendungen, weil auf eine eindeutige Situation mehrdeutig und missverständlich reagiert wird.
Die wichtigsten Handlungen zum Erwerb von Trittsicherheit sind nach dieser App:
a) austreten
Häufig als Umschreibung für das kleine Geschäft verwendet. Faustregel: Je mehr du oben trinkst, umso öfter musst du unten austreten.
b) eintreten
Übliche Aktion bei Razzien, wenn beim Eintritt der Amtsorgane gleich die Tür mit eingetreten wird.
c) zur Seite treten
Eine besonders höfliche Form des Austretens, man lässt jemandem den Vortritt, ohne ihm zu vermitteln, dass man mit dem Wasserlassen noch nicht fertig ist.
d) in die Eier treten
In der Fußball-Sprache ungestümes Agieren am Körper des Gegners. Man gibt vor, den Ball zu spielen, massakriert dabei aber die sogenannten Weichteile. Besonders schmerzhaft für Torhütende, wenn sie den Ball zwischen die Beine gesetzt bekommen und Eiergoalie genannt werden. Ungegendert auch im Frauenfußball en vogue.
e) rücktreten
Reflexartiges Ausschlagen mit den Beinen, wenn man sich getreten fühlt. Geht vor Gericht meist als leichte Körperverletzung durch.
f) abtreten
Nur biologisches Abtreten ist echtes Abtreten. Gerade die Tirolernden haben gelernt, dass man zu Lebzeiten nie abtreten darf.
STICHPUNKT 24|90, geschrieben am 14. November 2024