In Amsterdam haben sie unsere — bereits seit Langem bestehenden — touristischen Angebote, die sich „Urlaub auf der Alm“ oder „Helfer im Heu“ nennen, nun als probates Mittel gegen Overtourism entdeckt. Da wird eine Führung zu besonderen, wenig überlaufenen Orten der Stadt mit einem zweistündigen Arbeitseinsatz ebendort abgegolten und dabei die Lebenswirklichkeit der Destination hautnah erlebt und die Zufriedenheit bei Gastgebern wie auch bei Gästen durch ein nie gekanntes Glückserlebnis gestärkt.
Wir sollten dieses Konzept, besonders in Anbetracht zunehmend überlaufener Destinationen, ebenfalls neu andenken. Statt die Gäste auf einer völlig menschenleeren Bergwiese die Sense des Bauern malträtieren zu lassen, sollte man das Konzept auf die wirklichen Hotspots erweitern. Man könnte zum Beispiel auch die verhasste Tourismusabgabe für die heimischen Betriebe attraktivieren, indem jeder Tourist in Tirol pro Nächtigung eine Stunde in einem der tourismusfernen, aber dennoch zum Bezahlen der Abgabe verpflichteten Betriebe mitarbeitet. Der Tourist würde dadurch lernen, dass Tirol nicht nur Kalenderblätter-Landschaft, sondern auch Fabriken und Werkstätten besitzt.
Im Winter würde der Urlaub bedeutend lebensnäher, wenn Gäste sich ein wenig beim Schneeräumen auf Straßen und Pisten beteiligten, denn Schnee ist nicht nur ein zu ihrem Vergnügen vom Himmel gefallenes Pulver. Im Sommer böte sich Mitarbeit bei der Pool-Reinigung im Wellnesshotel an — ein wenig körperliche Betätigung zwischendurch wäre eine gesunde Auflockerung des faden Tages. Solcherart würden unsere Gäste auch den gebotenen Luxus besser zu schätzen lernen.
Die Besucher beim Kitzbüheler Hahnenkamm könnten – als ganz spezielles Gustostückerl! — ab fünf Uhr früh die Piste abrutschen helfen – ein besonderes Schierlebnis; für welches mir allerdings, aufgrund der Exklusivität der Destination, zusätzlich eine gewisse finanzielle Beteiligung an den Kosten des Rennens angemessen erschiene.
Und im Zillertal und Ausserfern könnten Touristen sich als Lotsen bei den Ortseinfahrten betätigen. Und so weiter, und so fort. Die lokalen Tourismusbüros und der Landeshauptmann hätten sicher weitere Ideen und Vorschläge, da im Budget und bei den Beliebtheitswerten sowieso gerade Ebbe herrscht.
Ein solches Tourismuskonzept könnte einerseits den Overtourismus ein wenig eindämmen und jene ungeliebten Besucher abschrecken, die nur herkommen, um sich sinnlos zu besaufen und danach die Polizei zu beschäftigen bzw. alles vollzukotzen. Andererseits würden unsere Gäste dadurch Tirol wie der echte Tiroler erleben. Erstaunlich, dass unsere sonst so kreativen Tourismusverantwortlichen bisher nicht auf diese Idee gekommen sind!
*) Nachdem ich mich bisher wiederholt negativ zur Tiroler Tourismus-Politik geäußert habe (Afeu vom 13.2.23 und Afeu vom 16.9.24), hier einmal ein konstruktiver Beitrag.