Vater, Mutter, Kind – die heilige Dreifaltigkeit des Familienbildes? Klingt nett. Ist aber zunehmend realitätsfern. Während wir an der klassischen Konstellation festhalten wie am Festtagsbraten, hat sich die Welt längst weitergedreht. Zeit, den Blick zu schärfen – und mit ein paar alten Mythen aufzuräumen.
Die Fakten sprechen Klartext: Weniger Ehen, mehr Scheidungen. Mehr Alleinerziehende, weniger Kinder. Partnerschaften kommen und gehen – das Familienbild bleibt oft überraschend starr. Dabei sind Familien heute oft kunterbunt, wild zusammengewürfelt, voller Geschichten und Brüche. Und genau das macht sie stark.
Was aber fehlt? Ein neues Wording – und ein neues Denken. Denn Begriffe wie „Stieffamilie“ klingen nach Märchen – und zwar nach den düsteren. Das Althochdeutsche meint damit „verwaist“ oder „zurückgelassen“. Höchste Zeit, diesen Begriff zu verabschieden. „Patchwork“ trifft’s besser: Das Zusammenfügen bunter Teile zu einem stimmigen Ganzen.
Und wer sagt eigentlich, dass ein „Stiefvater“ nicht viel eher ein Bonus-Papa ist? Eine zusätzliche Bezugsperson, die das Leben eines Kindes bereichert – und nicht stört. Denn das tun meist nur die Vorurteile von außen.
So modern wir bei Begriffen inzwischen sind, so altmodisch zeigt sich unsere Gesellschaft im Denken. Noch immer gelten Patchwork, Regenbogen, Co-Parenting oder bewusst kinderlose Paare vielen als Sonderform – bestenfalls als Ausnahme. Dabei ist längst klar: Familie misst sich nicht an Genen. Sondern an Liebe, Respekt und Zusammenhalt.
Ob adoptiert, unehelich, queer oder „zusammengeflickt“ – Familie ist das, was wir daraus machen. Und wenn wir ehrlich sind: Das klassische Modell hat’s auch nicht immer leicht gehabt. Emotionale, soziale, finanzielle Herausforderungen? Die treffen heute alle .
Statt mit dem Finger zu zeigen, könnten wir also anfangen zuzuhören. Denn am Ende zählt nicht, wie eine Familie aussieht – sondern wie sie sich anfühlt.