Es sich leisten können

5. November 2020
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Photo by Martha Dominguez de Gouveia on Unsplash

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben ohne Zweifel das beste Gesundheitssystem der Welt. Die besten Ärzte, die besten Medikamente, die besten Behandlungen. Der einzige Haken an dieser Geschichte ist, dass dieses System nur von der ganz obersten Schicht in Anspruch genommen werden kann. Diese kann es sich leisten.

Für die amerikanische Mittelschicht wird es da schon schwieriger. Die Kosten, sich eine halbwegs gute Krankenversicherung leisten zu können, sind nämlich enorm.

Eine Pflichtversicherung (oft wird sie bei uns von Kritikern auch als „Zwangsversicherung“) nach unserem österreichischen/europäischen Muster gibt es in den USA nicht. Die Krankenversicherung ist in den Staaten grundsätzlich privatrechtlich organisiert. Das bedeutet, nur nicht krank werden. Und wehe du erkrankst schwerer oder gehörst zur Gruppe chronisch Kranker. Da wird es dann sehr teuer, oder die Versicherung klammert notwendige Behandlungen dafür aus. Das heißt im konkreten Fall, die Kosten für die Behandlung müssen selbst getragen werden.

Millionen amerikanischer Bürger (man spricht von ca 40 Millionen) haben überhaupt keine Krankenversicherung. Ich habe es selbst in San Francisco erlebt, wie im Specs (Barcafe am North Beach) Geld für einen Schwarzen mit einer unheilbaren Krankheit gesammelt wurde, damit er sich Schmerzmittel besorgen konnte. Super. In den schlechten Zeiten hat es bei uns ja auch geheißen: Wer arm ist, muss früher sterben. In den USA gilt das noch immer.

Wir in Österreich haben eine Pflichtversicherung, in die mehr als 99 % der Bevölkerung einen Schutz hat. Natürlich wird die „Zwangsversicherung“ wegen zu geringer Leistungen häufig kritisiert. Aber das österreichische System bietet eine Grundversorgung. Wer es sich leisten will bzw. kann, für den steht die Möglichkeit einer Zusatzversicherung offen, wodurch ein besserer Leistungskatalog geboten wird.

Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass man in unserem System nicht die „Freiheit“ hat sich seine Versicherung auszusuchen. Es sollte unterschiedliche Angebote mit unterschiedlichen Leistungen geben. Dabei wird gerne übersehen, dass bei einem teilprivatisierten System, so wie es ein solches in Deutschland gibt, nicht nur der Kunde seine Auswahl trifft, sondern dass sich natürlich auch die Versicherung ihre Kunden auswählt. Private Gesellschaften sind daran interessiert, junge und gesunde Kundschaften zu lukrieren, chronisch Kranke oder ältere Mitbürger sind nicht so gefragt. In dem Zusammenhang ist es nicht uninteressant zu wissen, dass der durchschnittliche Österreicher 80 % der Leistungen, die er während seines Lebens in Anspruch nimmt, in seinem letzten Lebensjahr benötigt.

Die Grundpfeiler des österreichischen sozialen Versicherungssystems sind die Selbstverwaltung und das Solidaritätsprinzip: Gesunde für Kranke, Junge für Alte. An diesen Positionen wird in letzter Zeit herumgedoktert.
Dazu mehr in weiteren Beiträgen.

Elias Schneitter, geboren und aufgewachsen in Zirl/Tirol. Lebt in Wien. Erste Publikationen ab 1976, vorwiegend in Literaturzeitschriften (Fenster, Rampe, Wespennest, Kolik, Literatur und Kritik, protokolle, etc...) und Hörspiele im Rundfunk. Zur persönlichen Website
Mitbegründer und Kurator des internationalen Literaturfestivals "sprachsalz" (www.sprachsalz.com) in Hall Tirol. Zur Sprachsalz Website
Leitung der "edition-baes" - Zur Website, wo der Schwerpunkt auf US-amerikanische Underground Literatur gelegt wird.

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