Henry steht mitten im Leben. Mit seiner Frau Julia und seinem Hund lebt Henry einen angenehm normalen Alltag. Bis zu jenem Tag, an dem seine Frau Anfang vierzig an Alzheimer erkrankt. Das Verhältnis zwischen den beiden wird schwieriger, Julia muss behandelt werden, Henry braucht eine Pause. Die nötige Ruhe will er in einem Nationalpark in Wisconsin finden. Den Sommer über soll er hier den Park überwachen, vor Feuer schützen und persönlich will er seine Gedanken niederschreiben. Das Spiel spielt in den späten 1980er Jahren, sein einziger Kontakt zu anderen Menschen besteht für Henry aus einem Walkie-Talkie, dass ihn mit Delilah – seiner Vorgesetzten – verbindet.
Die rein akustische Beziehung zwischen Henry und Delilah bildet den Kern des Spiels. Delilah gibt Henry Aufträge, sagt ihm wie das Leben in der Wildnis zu bewerkstelligen ist und scheut nicht vor Konversation. Der Spieler hat die Möglichkeit, mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten das Verhältnis zwischen den beiden zu beeinflussen. So entstehen locker-flotte Dialoge, die den Spieler nicht selten zum Schmunzeln bringen. Allerdings haben die verschiedenen Gespräche keinen direkten Einfluss auf die weitere Entwicklung der Geschichte.
Natürlich wäre das Spiel gleich zu Ende erzählt, müsste man nur seine Runden im Park drehen und ausgiebig wandern. Allerdings wird man in den kanpp sechs Stunden Firewatch ganz schön herumgejagt, es passieren mysteriöse Dinge, die mit zwei Camperinnen und einem Feuerwerk am See beginnen. Henry packt seinen Rucksack, muss noch zuvor noch ein Seil finden, um zu den Mädels zu kommen und sie dann ganz in Aufsehermanier zu ermahnen. Der Weg dorthin und das Setting generell sind gewaltig. Das kleine Studio „Campo Santo“ hat ein wunderschönes Gemälde erstellt, in dem man sich gleich verlieren kann. Auch wenn Comic-Grafik nicht jedermanns Sache ist, die Farben und die Ruhe lassen den Spieler in eine eigene Welt abdriften, die nur von den Dialogen mit Delilah unterbrochen werden. Und diese sind, wie gesagt, beste Unterhaltung. Mit einer Karte und einem Kompass macht man sich also auf den Weg in die einsame Wildnis.
Die Tragik Henrys wird in den Gesprächen mit Delilah deutlich. Sein Leben hat ihm übel mitgespielt, man entwickelt eine ehrliche Zuneigung zum Protagonisten und will ihm helfen. Wiederum gar nicht helfen, will ihm ein unbekannter im Wald, der sich nur kurz blicken lässt, allerdings einige Fragen aufwirft. Als dann noch der Aussichtsturm und somit Henrys „Wohung“ verwüstet ist, ist klar: im Park ist man nicht allein. Damit beginnt das Abenteuer erst richtig, Henry ist ab jetzt nicht mehr Aufpasser sondern auch eine Art Detektiv.
Immer mysteriöse Dinge passieren, ein Feuer bricht aus, geheimnisvolle-abgesperrte Zonen werden entdeckt und eine Höhle, in der es eine versperrte Tür zu knacken gilt, wäre da auch noch. Delilah hilft wo sie nur kann, hat aber auch nicht immer den besten Rat. An einem bestimmten Zeitpunkt, findet man einen Rucksack, der Seile und eine Kamera bietet. Auf der Kamera ist noch Platz für gut 20 Fotos, die gerne verschossen werden können.
Warum sollte man Firewatch spielen?
Firewatch funktioniert auf allen Ebenen: die Geschichte ist sehr dicht, einleuchtend und extrem spannend. Wer gerne Story-Adventure mag kommt hier auf seine vollen Kosten. Das Setting ist wie gesagt atemberaubend schön. Den ein oder anderen Schockmoment müssen wir auch erleben. Henry wächst einem wirklich ans Herz, man vergönnt ihm einfach Ruhe und ein bisschen mehr Glück. Deshalb kann man den Controller nicht mehr aus der Hand legen, man will die Geschichte auflösen. Fünf bis sechs Stunden Spielspaß sind für ein Spiel zum Preis von zwanzig Euro mehr als ok, vor allem wenn man eine ausgekocht, gute dafür erhält. Das Jahr ist noch jung, hat uns aber mit Firewatch schon einen echten Leckerbissen beschert. Bitte mehr davon!
Spielen kann man Firewatch auf PC, Mac, Linux und PlayStation 4.