Mein Erlebnis war banal. Aber bezeichnend für die Gegenwart. Ein T-Shirt, bestellt in den USA, kam nicht an. Es blieb im Zoll hängen und war auch sonst a priori schon verdächtige Ware. Kam es doch mitten in den Corona-Hochzeiten aus einem sogenannten „Hotspot“.
Damit kann man leben. Einfach regionaler kaufen. Wie es im Moment an allen Ecken und Enden propagiert wird. Regionaler kaufen heißt auch regionaler leben und regionaler wahrnehmen. Die Eier aus Deutschland müssen es nicht sein, wenn man auch wenige Meter weiter einen Eierautomaten stehen hat, der Ware aus einem Umkreis von 10 Kilometern anbietet.
Auch den Musikern und Künstlern geht es schlecht, den Brauereien sowieso. Also einfach auch regional hören, regional den Musikern CDs und Vinyl abkaufen und Bier von der kleinen Brauerei um die Ecke trinken.
Fakt ist definitiv: Wir haben unseren Blick oft zu willkürlich und leichtfertig in die Ferne schweifen lassen. Haben zu unachtsam gekauft und gelebt und die „Kleinen“ in der Region oft links liegen gelassen. Aus Bequemlichkeit, aus Faulheit und aus Ignoranz.
Fakt ist aber auch: Oft haben die sogenannten „Kleinen“ den Anschluss verloren. Seien es die Musiker oder seien es die Geschäfte in der Umgebung. Der Kauf via Amazon mag „böse“ sein und den reichen CEO dahinter noch reicher machen, es ist aber nicht nur die Bequemlichkeit, die uns in die Arme des Versand-Riesen treibt.
Hinter der Seite steckt nämlich auch eine geniale Idee: Mit wenigen Klicks erhält man (fast) alles in Rekordzeit. Die Bewertungen rundherum ersetzen nur allzu einfach das kompetente Beratungsgespräch, das vor Ort in den Geschäften ohnehin immer seltener zu haben ist.
Unsere Welt ist also zusammengeschrumpft. Platten, CDs, Merchandise-Shirts oder ähnliches aus den USA oder UK zu bestellen können wir uns aus mehreren Gründen vorerst einmal abschminken. Es sei denn wir nehmen horrende Lieferkosten, Lieferzeiten und sonstigen Umstände in Kauf.
Diesbezüglich ist natürlich die Frage zentral, warum wir an sich bis jetzt und womöglich auch jetzt noch solche Umstände auf uns nahmen. Denn natürlich ist es einfacher, das T-Shirt von der Band aus Tirol zu kaufen und natürlich ist es simpler einem befreundeten Musiker eine Platte abzukaufen als diese aufwändig über krude Internetplattformen zu ordern.
Aber damit kehrt sich die Logik hinter Amazon um, die von so vielen vermutet wird. Nicht nur weil wir zum Teil faul und träge sind bestellen wir bei Amazon, sondern weil uns dort ein Schaufenster der besten Produkte präsentiert wird. Wir haben die Wahl aus zahllosen Möglichkeiten, anstatt dass wir uns auf das beschränken müssen, was vor Ort lagernd ist. Die diesbezüglichen Bestellsysteme in den Präsenz-Geschäften sind zudem oft träge und mühsam.
In diesen unsicheren Zeiten einer kleiner gewordenen Welt können wir natürlich Musik aus Tirol kaufen, die regionalen Händler vor Ort unterstützen und auch sonst unsere Umgebung mit Einkäufen und Konsum hegen und pflegen.
Doch wir wollen die Wahl haben. Aus dem Besten auswählen. Das Beste hören. Die besten Biere trinken. Wenn man für diese Tätigkeit nach Übersee schauen und kaufen muss, dann ist es nicht Ignoranz, sondern Kompromisslosigkeit in Sachen Qualität.
Wir müssen also nicht nur bewusster wahrnehmen und bewusster einkaufen, sondern die regionalen Angebote müssen auch aufschließen und sich mit den Besten messen lassen können. Auf Dauer wird die Solidaritäts-Masche nämlich nicht ziehen. Wenn die Zeiten wieder andere werden, die Welt wieder größer, dann werden wir wieder ohne Probleme die Wahl haben. Und womöglich andere Sache kaufen und andere Sachen hören, die wenig bis nichts mit Tirol und Österreich zu tun haben. Es sei denn die Welt kommt verstärkt auch in Österreich an.