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Vom Lügen und Schummeln 3 – Plagiate

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Eine weitverbreitete Art des Schummelns ist das Plagiat, in dem man vorgibt, sich etwas selbst ausgedacht zu haben, was man in Wahrheit einem anderen Kopf entwendet hat. Jetzt hat es wieder einmal eine Politikerin erwischt. Diesmal die deutsche Familienministerin Franziska Giffey, welche daraufhin zurücktrat. Dabei müsste man doch unbedingt unterscheiden: Plagiate in Wissenschaft und in der Politik sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe.

Vom Normalbürger verlangen Schule und Universität eine gewisse geistige und sprachliche Eigenständigkeit. Sowas nennt man landläufig „eigenständiges Denken“. Genau das ist in der Politik jedoch verpönt. Da werden Behauptungen anderer nachgeredet, was das Zeug hält. Denn Nachrede ist das politische Um und Auf, egal ob gut oder schlecht. Wie wäre es sonst möglich, dass ein Politiker, kaum zwei Wochen im Amt, sich schon über alles und jedes kompetent auslassen könnte. Denn selbstverständlich haben seine Ministerialbeamten erarbeitet, was er oder sie uns nun als ureigenste Weisheit verkündet. Hat man aber jemals gehört, dass der Politiker seine Beamten namentlich zitiert hätte? Na eben.

Und bei populistischen Politikern ist der Diebstahl geistigen (oder ungeistigen) Eigentums in sämtlichen Themenbereichen auch außerhalb der eigenen Zuständigkeit gang und gäbe. Zitate werden so lange kreuz und quer wiederholt, bis keiner mehr die Quelle ausfindig machen kann. Kaum hatte z.B. Mr. Trump in den USA verzweifelte Bürger mit seinen Primitiv-Slogans zum Widerstand gegen die von der eigenen Regierung getroffenen Maßnahmen aufgerufen, kam in Österreich auch schon die FPÖ mit den gleichen „Stoppt den Corona-Wahnsinn!“- Postern daher. Derart wird oft das kleinste Licht durch häufiges Zitieren zur großen Leuchte, etwa auch, wenn Herr Kurz von der „neuen Normalität“ nach Corona sprach und wenige Tage später die Britische Regierung das wortgleich im Munde führte. An sein „Schließen der Balkanroute“ will ich gar nicht mehr erinnern. Man könnte fast meinen, alle hätten denselben Redenschreiber. Oder ist es ein Virus, das weltweit bei Politikern Echolalie auslöst?

Kurzum, was für den Wissenschaftler gilt, ist noch lange kein Maßstab für Politiker. Letztere müssen vor allem schön reden oder aufgeregt herumschreien, egal, ob die Schönrederei oder das Geschrei logischen Sinn macht. Und wenn andere vorher wortwörtlich dasselbe gesagt haben, gewinnt eine Politikeraussage, im Gegensatz zum wissenschaftlichen Plagiat, durch Wiederholung immer an Wahrheitsgehalt.  Deshalb dürfen auch Diplomarbeiten von Politikern, egal ob es sich um die Herren Hahn, Guttenberg oder Damen wie Frau Giffey oder Frau Aschbacher handelt, nicht mit wissenschaftlichen Maßstäben gemessen werden*. Denn sie haben mit ihren abgeschriebenen Arbeiten ja nur die Basisausbildung für ihre Politkarriere abgeschlossen. Im Rahmen dessen war Frau Aschbacher ein besonders herausragender Fall. Deshalb bekam sie ja auch ein „Sehr gut“.

Wenn man allerdings den Abschnitt aus ihrer Arbeit nachliest, der im Internet kursiert, er sei hier für Sprachgourmets noch einmal angeführt,**, muss man dennoch einräumen, dass ihr trotz aller Bemühungen die Befähigung zur österreichischen Ministerin letztlich abging: Nicht wegen des Mangels an wissenschaftlichem Inhalt, an Grammatik oder Logik, ja nicht einmal wegen der fehlenden Verständlichkeit oder des himmelschreienden computergenerierten Übersetzungs-Plagiats, nein, der Fehler besteht darin: Da reimt sich nichts und ihre Sätze sind zu lang, als dass sie sich als Slogan verwenden ließen. Das, und nur das, ist in unserer Politik ein unentschuldbarer Verstoß. Wahrscheinlich musste sie deshalb, als bisher einzige österreichische Politikerin, wegen einer universitären Fehlleistung von ihrem Amt zurücktreten.

*Eine Ausnahme bildet hier die Arbeit von Dr. Angela Merkel, deren Titel allein schon so langweilig wissenschaftlich klingt, dass sich die politische Öffentlichkeit nie dafür interessiert hat: „Untersuchung des Mechanismus von Zufallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“ (Zitiert nach Wikipedia)

** Vielleicht, daher ist es seltsam, dass, wenn es irgendeine eine Phrase, die garantiert wird, um mich auf den Weg, es ist, wenn jemand zu mir sagt: „Okay, fein, du bist der Chef!“, Sagt Branson. „Was mich ärgert ist, dass in 90% der Fälle, wie, was diese Person wirklich sagen will, ist: „Okay, dann, glaube ich nicht mit Ihnen einverstanden, aber ich werde rollen und tun es weil sie sagen mir zu. Aber wenn es nicht klappt, werde ich der Erste sein, der daran erinnern, dass es nicht meine Idee.“ (Zitiert nach: https://www.meinbezirk.at/c-politik/plagiatsvorwuerfe-gegen-ministerin-aschbacher-ruecktritt_a4428405)

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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