Während sich der kleine Mann gebannt, als ginge es um die Welt, die Fußball-Europameisterschaft am Bildschirm reinzieht, laufen anderswo ganz andere Spiele mit nicht weniger Einsatz, Emotion und Taktik, allerdings weniger Teamgeist ab, in denen es wirklich um die Welt geht.
Da sitzen die Allermächtigsten scheinbar ruhig über Spielbrettern und überdenken den nächsten Zug. Unser altes Herrschaftsspiel Schach, mit seinen klar abgesteckten Hierarchien und Regeln für jede Figur, ist dabei aber inzwischen eher out. In Russland zum Beispiel ist das viel einfachere Mühlespiel seit Putin en vogue. Und der Westen läuft, mit seinen edlen, aber leider nur im Schach brauchbaren, komplizierten Fairnessregeln in jede von Putins eigentlich primitiv gestrickten Doppelmühlen.
Die Chinesen dagegen bleiben ihrer uralten Tradition des Go-Spiels treu. Gekonnt setzen sie hier einen Stein und dort einen, bis sie eine prächtige Kette namens „Neue Seidenstraße“ beisammen haben und ihre Gegenspieler landen, in völliger Unkenntnis der taktischen Regeln, ein ums andere Mal im Atari.
Und was spielt sich bei uns? Die westlichen Möchtegern-Diktatoren sind eher sportaffin und streben derzeit erst mal bloß nach dem Gold in Beliebtheitswerten. Dafür benötigt es weniger strategische Denkanstrengung. Wer ist der Beste, Schönste, Jüngste, Erfolgreichste bei dem und jenem Thema? Die zurzeit beliebteste Disziplin ist der Slalomlauf, bei dem die immergleichen Stangen mal rechts, mal links zu umfahren sind. Links die rote Justizstange, darauf gleich rechts die blaue Immigrations-Stange, immer abwechselnd zu umrunden, dass dem Zuseher schwindlig wird. Bei diesem Spiel gewinnt man zwar nicht die Welt, aber vielleicht die Regionalmeisterschaft. Und wenn man dann darin ein wahrer Meister ist, kann man sich ja an die Brettspiele wagen, wer weiß?