Job-descriptions für Führungspositionen haben sich in letzter Zeit sichtbar verändert. Für den CEO einer weltweit agierenden Firma brauchst du keinerlei Fachkenntnisse mehr, du musst nur als Ex-Politiker deine Gedächtnisprotokolle von EU-Sitzungen und Hintergrundgesprächen einbringen. Früher musste man dafür Spione und Callgirls engagieren, mit der heutigen Umschlaggeschwindigkeit im politischen Geschäft geht das einfacher. Man heuert einfach einen fachlich unbedarften Ex-Politiker an, ernennt ihn zum CEO, und wenn er sein Hintergrundwissen eingebracht hat, das nach ein paar Jahren nicht mehr aktuell ist, schickt man ihn ins Ausgedinge und nimmt den nächsten, der frei wird.
Auch Privatbanken bedienen sich aus diesem nie versiegenden Fundus. Hier eignen sich ehemalige Finanzminister am besten. Drohende Strafverfahren sind dabei kein Hinderungsgrund. Im Gegenteil. Die erleichtern eine spätere Trennung, sobald die politischen Kontakte ausgereizt sind.
Dasselbe Prinzip der fachlichen Unbedarftheit gilt im umgekehrten Fall auch für politische Spitzenpositionen. Da sind, nachdem eine Zeitlang vor allem Schauspieler und Kabarettisten en vogue waren, weil die die Wählertäuschung am perfektesten hinkriegen und unterhaltsam sind, nun die Sportler an der Reihe. Bei denen kann man sich sicher sein, dass sie völlig ideologiefrei nur einem bedingungslosen Siegeswillen folgen. Auch mit Korruption im Umfeld haben Sportler meist keine Probleme. Und ihre Fans laufen ihnen nach, ganz egal, was sie abseits vom Sport Dunkles treiben. Also die idealen Voraussetzungen, um Wahlen zu gewinnen und einem Tross an Hintermännern zu einem gutbezahlten Job zu verhelfen.
Und manche antrainierten Verhaltensweisen sind in der Politik ja wirklich nützlich: Ein Viktor Orban, ehemals Halbprofi im Fußball, beherrscht den Angriff von rechts außen immer noch perfekt. Vitali Klitschko, internationaler Meister im Schwergewicht und größter Knockouter aller Zeiten, boxte sich nervenstark zum Bürgermeister von Kiew hoch und konnte seinen Titel halten. Und nun steht erstmals ein Tennisprofi in den Startlöchern zur Politik, auch wenn er es vielleicht selbst noch nicht ahnt. Seine Anhänger machen bereits mobil: Djokovic ist Serbien! Serbien ist Djokovic!
Er ist jedenfalls aufs Präsidentenamt gut vorbereitet: Perfekter Aufschlag, Vor- und Rückhand beherrschen jeden Spin, die härtesten Gegner lässt er gekonnt totlaufen, Skrupel kennt er keine und Lügen gehen ihm problemlos von der Zunge. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis es soweit ist. Seine Anhängerschaft im nationalen Lager ist jedenfalls schon größer als die am Tenniscourt. Für Novak Djokovic und Serbiens Zukunft ist vorgesorgt: Djokovic für president!