Das Kind ist angehalten, weniger mit dem Essen zu spielen als vielmehr spielend zu essen. Es gilt, die Zeit bis zum Aufbruch in den Kindergarten hinauszuzögern.
Heute herrscht großer Traffic am Tisch. Seit die Grünen in der Regierung sitzen, ist alles gesund und vegan auf der Biomatte, wo die Lebensmittel ausgebreitet sind.
Das Kind hat die Nutria Ampel aufgestellt und regelt den Verkehr der Haferflocken. Manchmal crasht es auch ordentlich in den Zähnen, wenn die nicht leibliche Mutter zur Beschleunigung des Frühstücks anregt.
Außerdem heißt es Nutri-Score und nicht Nutria, du bist ja kein Nagetier!
Das Kind ist jetzt an der Grundschule und wird gemobbt, weil es ein veganes Jausenbrot auspackt.
Der Rädelsführer packt seinen Kinderpimmel aus und schifft auf das Brot.
Jetzt hat es wenigstens einen Geschmack nach Brunze!
Weinen hilft nicht, petzen auch nicht, wenn du nicht auf Konflikt gebürstet bist, hast du in dieser grünen Welt keine Chance.
Das große Kind sitzt an der Börse und setzt auf Weizen. Es hält sich an einen Satz aus irgendeinem Brecht-Stück, ich weiß nicht, wie Reis schmeckt, aber ich kenne seinen Preis.
Jetzt, wo der ukrainische Markt zusammengebrochen ist, wird der Weizenpreis explodieren und die Unruhen werden wieder ausbrechen wie damals beim arabischen Frühling.
Wenn der Weizen alle ist, werden wir eben auf was anderes setzen, gefährlich wird es nur, wenn alle Getreidesorten ausgestorben sind. Aber das geschieht erst nach Börsenschluss, das Getreide ist sehr resilient.
Das alte Kind ist nach ein paar Jahren Mindestrente gestorben und muss bestattet werden. Es wünscht, als Asche unter einem Apfelbaum zu liegen, aber das ist verboten. So wirft eben ein Sozialarbeiter unter Aufsicht eines Bestattungsmeisters ein paar Äpfel ins Feuer, als der alte Körper verbrannt wird für die Urne.
So, und morgen lesen wir weiter, sagt der Bibliothekar und klappt das Buch zu. Natürlich hat wieder keine Sau zugehört, wenn es um Lebensmittel geht.
STICHPUNKT 22|28, geschrieben am 22.03. 2022