Alljährlich, wenn das Thema „Pensionen“ aufpoppt, werden uns Bilder präsentiert, die an Reklame für Lotterien erinnern. Das ist vielleicht inhaltlich gar nicht so weit daneben. Nur die Bilder dazu sind falsch.
Eine Liste kürzlich gesammelter Darstellungen pensionierter Menschen in TV-Beiträgen zum Thema „Pensionsanpassung“:
- Vier wohlgenährte Pensionisten beim Kartenspiel hinter je einem Seidl Bier,
- ein gepflegtes älteres Paar in weißen Bademänteln auf Liegen im Wellnesstempel,
- alte Frauen beim Taubenfüttern auf einer Parkbank oder wahlweise das fette Hunderl ausführend,
- eine Pensionistenvertreterin, beschwert nicht von der Last politischer Verantwortung, sondern vom übergroßen Ohrgehänge und buntem Modeschmuck.
So stellt sich Österreich also das glückliche Pensionistendasein vor? Öde und sinnentleert wie das frühere Arbeitsleben? Bloß mit weniger Geld? Dabei ist das Alter per se doch ein einziges Abenteuer! Und, wenn man Glück und Restverstand und finanziell das Allernötigste hat, auch die große Freiheit! Vieles, das man sich immer schon wünschte, ist nun nämlich gratis zu haben. Ganz unsubventioniert.
Man hat zum Beispiel keine Vorgesetzten mehr (vorausgesetzt, man lebt nicht in einem Heim oder bei den eigenen Kindern im Haushalt). Man darf, sofern Kopf und Hände noch halbwegs funktionieren, nun alles Mögliche tun, Sinnloses wie Sinnvolles – bloß halt bitte keine steuerpflichtige Erwerbstätigkeit! Und wenn man etwas nicht länger tun will, hat man eine probate Ausrede: Man kann das einfach nicht mehr, basta.
Ein alter Mensch gefällt sowieso keinem mehr, also kann man sich die Bemühungen sparen, gefallen zu wollen. Besonders nicht, wie früher, Leuten, die man womöglich noch „brauchen könnte“, um „etwas zu werden“. Man wird nämlich nichts mehr. Auch äußerlich muss man nicht länger mithalten, erstens wegen der aus dem Leim gegangenen Figur, die nicht mehr in die vorgeschriebenen Fashion-Größen passt. Und zweitens, weil man sowieso nicht mehr wahrgenommen wird. Und die allerneueste Mode hat man eh schon mindestens einmal mitgemacht. Das spart viel Geld und viel vergeudete Lebenszeit vor dem Spiegel.
Endlich hat man die vollkommene Narrenfreiheit, denn — speziell als Frau — wurde man ja noch nie für voll genommen und schwieg deshalb lieber. Jetzt kann man ungehindert jedem jederzeit seine Meinung sagen. Das Rollenklischee der alten Grantschachtel erlaubt das.
Und das Leben in der Pension ist auch niemals öde. Statt einer teuren Abenteuerreise oder eines Thrillers im Kino oder eines Bungee-Jumps gibt es ja immer irgendeinen Arzttermin, um Blutdruck und Adrenalin in die Höhe zu treiben.
Man wird zwar im Alter nicht per se weise, aber zumindest hat einen das Leben gelehrt, dass ein unüberwindlich scheinendes Problem oft auf ganz überraschende Weise doch noch eine Lösung findet. Deshalb sieht man manche weltbewegende Schwierigkeit etwas gelassener. Zumindest aber erkennt man, welche Lösungsvorschläge billige Schablonen sind. Denn die sind einem schon ein paar Mal im Leben begegnet. Und sollten die Katastrophen dann doch überhand nehmen, hat man zumindest den Trost: das alles nicht mehr sehr lange mitmachen zu müssen.