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„Unser Land“

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Wir holen uns unser Land zurück!“, tönte es kürzlich vollmundig aus der FPÖ.

„Our land“, heißt es bei Israelis wie bei der Hamas, beide beziehen sich dabei auf 2000 Jahre Besiedelungsgeschichte.  Von der „heiligen Rus“ schwärmt Moskau, wenn der Überfall auf die Ukraine begründet werden soll. „We´ll get our country back on track“ ist die jüngste Variation des Themas aus dem Mund Donald Trumps. In diesem Slogan klingt „We´ll get our country back“ für Eingeweihte deutlich genug mit, ohne dass sich die Justiz einschalten müsste.

Es bleibt jedoch stets eine Frage der Perspektive und der historischen Dimension, auf welche Besitzrechte man sich gerade beruft. Wie viele Jahrhunderte gehen wir zurück, um „unser Land“ zu definieren? Was gilt im Zweifelsfall? – Die ewig gleiche Antwort der Nationalisten lautet: Das Recht des Stärkeren.

Um auf die FPÖ zurückzukommen: Diese Partei nimmt ganz Österreich also vorausschauend – mit dem Wörtchen „uns“ — bereits in Besitz, bloß weil kürzlich ein Drittel der Hälfte der Wahlberechtigten, die zur Urne gingen (also ein Sechstel der Bürger), sich diesmal für sie entschieden hat. Und was ist mit den anderen fünf Sechsteln? Mit der Million nicht-wahlberechtigter Einwohner? Besitzt die FPÖ diese dann gleich mit, obwohl sie sie gar nicht haben will? Und von wem will diese Partei das Land eigentlich zurückholen? Will sie demnächst einen historischen Besitzanspruch behaupten (und sich dann wohl offen auf das Jahr 1938 beziehen)?

Und was bedeutet für die Österreichische Verhinderungspartei (ÖVP) „unser Land“, das sie feierlich gelobt hat in der Bundesregierung zu vertreten? Derzeit denken deren Bundes-Vertreter wohl mehr an ihre angestammten Pfründen (von welchem Stamm eigentlich? Niederösterreichische Landwirtschaftskammer, Raiffeisen, Wirtschaftsbund …?) und ihr gesichertes Einkommen. Vielleicht beziehen sie sich auf die „Ostarrichi“-Urkunde aus dem Jahre 996? Doch das ist halt auch schon eine Weile her … In Tirol jedenfalls muss für die Konservativen der Herz-Jesu-Schwur von 1796 herhalten, mit dem man „unser Land“ damals schon gegen Fremde und nicht ganz Kaisertreue wappnete.

Doch die Geschichte lehrt (falls wir daraus lernen wollten): Sobald selbsternannte Brachialpatrioten anfangen, von „unserem Land“ zu labern, gehört das Land demnächst nur noch ihnen. Und bald erklingt Geschützdonner und liegt das Land, das sie für uns zu verteidigen vorgaben, in Trümmern.

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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