Alles passt und ist auf null gesetzt

4. März 2025
1 Minute Lesezeit
(c) Helmuth Schönauer

In einer schönen Nachrichtenlage endet die Lektüre ausgewogen bei null.

Das Schöne an einem guten Scroll durch die Nachrichtenlage zeigt sich darin, dass man nichts tun muss, als den Ladezustand des Akkus im Auge zu behalten.

Im Frühling des Jahres 2025 konnte man auf den Gehsteigen Innsbrucks immer wieder Menschen treffen, die einem fröhlich ihr Gesicht entgegenhielten und mit dem Mund die Floskel ausstießen: „Heute passt aber auch alles!“

Diese Menschen haben gelernt, mit schlimmen Nachrichten gut umzugehen. Sie reduzieren das Gaffen auf das Smartphone auf das Nötigste. Es ist ein beliebtes Spiel geworden, vielleicht nur zweimal am Tag auf das Gerät zu schauen, das sinnigerweise nichts bringt als Unruhe für nichts.

Während an den Grundschulen noch diskutiert wird, ob man während des Unterrichts vielleicht die Handys wegsperren sollte, haben kluge Köpfe bereits eine Methode entwickelt, alles am Screen erträglich zu machen.

Sie lesen nach Möglichkeit nur einmal am Tag, und dann höchstens drei Nachrichten hintereinander.

Im Idealfall heben sich die Nachrichten gegenseitig auf und es entsteht eine schöne Null, mit der man bis zum nächsten Handy-Scroll gut leben kann.

Am besagten Frühlingstag 2025, als alle glücklich strahlen konnten, lautete der Dreierschritt für die Null folgendermaßen:

– Auf heimischen Gletschern wurde jede Menge Plastik gefunden, das als Abrieb aus jenen Vliesen stammt, mit denen den Sommer über das Abschmelzen verzögert werden soll. 

– Zur gleichen Zeit wurde in diversen Labors quer über die Welt verstreut Mikroplastik im menschlichen Gehirn nachgewiesen, was darauf schließen lässt, dass es sich dabei um einen natürlichen Vorgang handelt.

– Aus heimischen Untersuchungen ergibt sich zur gleichen Zeit die Erkenntnis, dass die Tiroler Österreichweit am gesündesten sind.

Ehe man nun über diesen logischen Dreiklang der Nachrichten ins Sinnieren kommt, empfiehlt es sich, das Handy wegzulegen und die Harmonie der Null-Aussage zu genießen.

„Plastik macht die Tiroler gesund, wenn sie es als Gletscherwasser trinken.“

Im Hintergrund werden dabei schon die nächsten Nachrichten vorbereitet, die wieder zu intelligentem Schwärmen verführen.

– Man muss nur eine Halle auf den Gletscher bauen, dann erspart man sich das Plastik-Vlies.

– Das Plastik würde statt im Hirn dann vielleicht in der Blase gefunden werden.

– Aber auch in diesem Falle wären die Tiroler wieder die Gesündesten, weil sie das Plastik österreichweit am schnellsten aus der Blase spülen, was als sehr gesund gilt.

Auch diesem Dreierschritt entwächst wieder eine schöne Null.

STICHPUNKT 25|19, geschrieben am 25.02. 2025

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

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