An der Innsbrucker Premium-Kreuzung wird gebaut.
Der Mitterweg in Innsbruck gilt, zumindest was seine Kreuzung mit der Exlgasse betrifft, als die nobelste Gegend der Landeshauptstadt.
Die Kreuzung wird in der Hauptsache von Autos benutzt, die Fahrrad-User werden im Regelbetrieb schon vorher abgeleitet und nächsten Standplatz „Stadtrad“ zugeführt. Die sogenannten Fußgänger sind aufgefordert, schnell zu gehen, also Fuß-Eiler zu werden, weil sie sich mit ihrer mickrigen Kaufkraft die Kreuzung eigentlich gar nicht leisten können und nur geduldet sind.
Die Autos freilich kommen aus dem ganzen Land angerollt, um sich hier ein Stelldichein im Premiumsektor zu geben.
An drei Seiten der Kreuzung sind Autohäuser angesiedelt, oft in Doppeltraktion, nur die gelbe Tankstelle durchbricht die gigantischen Schauflächen für Fahrzeuge, wenngleich sich auch bei ihr vor der Waschanlage hochwertige und hochgestellte Fahrzeuge anstellen.
Der ganze Stadtteil rund um den Höttinger Bahnhof ist aufgewertet durch diese Premiumkreuzung. Alte Einwohner erinnern sich an das Glücksversprechen aus dem vorigen Jahrhundert, als man Autos wie Lebensmittel verkaufte und es günstig war, neben dem Lebensmittelgeschäft ein Autogeschäft in Griffweite der spontanen Bedürfnisse zu haben.
Und auch heute noch sieht man manche Rentner zuerst zur Sparkasse gehen und anschließend zum Nahversorger Porsche, um sich einen Leckerbissen für Spritztouren zuzulegen.
Wenn man mit den Mitterweglern spricht, so halten sie alle „dem Porsche“ die Daumen, dass er demnächst mit neuer Produktpalette und neuem Gebäude wieder an der Kreuzung glänzt. – Momentan wird er nämlich abgerissen, und am demolierten Gebäude sieht man, wie trivial eigentlich eine Premiummarke wirkt, wenn man sie aus der silbrigen Verkleidung herausschält.
Wo immer etwas überraschend gebaut wird, siedeln sich auch Gerüchte an.
So sagt neulich jemand, der gerade in Salzburg mitansehen musste, wie auf Stadtgrund unterirdisch eine Zufahrt zur Porsche-Villa gebohrt und offensichtlich vertuscht werden sollte, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass auch in Innsbruck die diversen Porsche-Areale unterirdisch zu Lasten der Stadt verbunden und verbetoniert werden.
Sonst sind die Gerüchte wohlwollend bis nichtssagend. So sagt eines, dass man dem Mutterkonzern von Porsche dessen Dieselskandal vollends verziehen habe. Freilich kaufe niemand mehr einen VW, weil er sonst wohl wieder angelogen würde. Aber der Konzern wird ohnehin staatlich subventioniert, sodass er diesen Kaufwiderwillen potentieller Kundschaften ignorieren kann.
Am südlichen Teil der Premium-Kreuzung stehen freilich Lexus Automobile, die von frechen chinesischen BYDs ergänzt werden. Und immer öfter parken die Premium-Kisten des ganzen Landes an der asiatischen Seite der Kreuzung und pfeifen auf die noblen deutschen Marken.
Die meisten Einheimischen bekommen von dieser Markt- und Markenbereinigung nicht viel mit.
Denn die Mitterwegler huschen überwacht wie chinesische Untergebene unter den Videoanlagen durch, die an der Premium-Kreuzung am Mitterweg aufgespannt sind.
STICHPUNKT 25|24, geschrieben am 11.03.2025