Per Erlass besiegelte Herr Trump vor ausgewähltem Applauspublikum — wie die Imperatoren der Frühzeit — mit zackig übergroßer Unterschrift das Ende der Anbetung der im Westen bisher herrschenden Dreifaltigkeit: DEI (diversity, equity, inclusion). Derartige Religionsausübung und alle dazugehörige Theologie sind ab sofort verboten. Allein schon die namentliche Nennung der bewährten westlichen Gottheiten und der ihnen zugezählten heilsamen Eigenschaften ist ab nun tabuisiert. Die neue Ein-Gott-Religion sollen Trumps Jünger nun aus dem Weißen Haus-Tempel in die ganze Welt hinaustragen. Wer den neuen, einzigen Gott, das Geld, und dessen Hohepriester im vergoldeten Trump Tower anerkennt, soll belohnt werden. Wer weiter den alten Gottheiten anhängt, muss darben oder weggehen. Soweit das von römischen Imperatoren, osmanischen Herrschern und Kolonialherren übernommene Konzept der Heilsverkündung.
Nur hat das auch in der Vergangenheit nie wirklich funktioniert. Welche Gottheit auch immer die Mächtigen verlangten, die alten Laren, an die man wirklich glaubte, blieben im Hinterzimmer erhalten. Man huldigte in Lippenbekenntnissen dem vorgeschriebenen Gott und blieb den eigenen Göttern innerlich treu. So wird es wohl, wenn die Ideale der westlichen Welt nicht bloß modische Lippenbekenntnisse waren, nicht das Ende unseres Kampfes für die Ideale von Demokratie und Chancengleichheit bedeuten. Firmen mögen die DEI-Bekenntnisse aus ihren Werbebroschüren streichen — wenn es ihnen ernst damit war, werden sie die Regeln weiterhin selbstverständlich einhalten. Daran kann sie kein selbsternannter Hohepriester hindern. Reine „Wokeness“- Lippenbekenntnisse werden sich nun allerdings selbst entlarven. Damit wird sich, dank Trump, die Spreu vom Weizen trennen. Schließlich kann Herr Trump keiner Firma verbieten, eine*n Mitarbeiter*in einzustellen, egal unter welches *Sternchen diese*r sich zählt, nicht wahr? Und Wissenschafter werden bald neue Wörter finden, die dem eingeschränkten Sprach- und Denkhorizont des Präsidenten und seiner Jünger entgehen.
Und sollten doch in den USA, wie seit 400 Jahren immer wieder einmal, die Frauen, die Schwarzen und Andersfarbigen und alle mit *Sternchen irgendwelcher Art bezeichneten Menschen neuerlich ihrer Chancen beraubt werden, wird das eben den Niedergang der USA, wie wir sie bewunderten, besiegeln. Dann werden all diese begabten Menschen eben anderswohin gehen. Die USA wurden einst von zwangsverbachten Sklaven und andernorts Vertriebenen groß gemacht. Nun werden sie demnächst eben wieder klein geschrumpft.
Apropos Make America Great Again: Lesen Sie unbedingt „Black as F***“ von Michael Harriot, falls Sie das MAGA-Wahlvolk verstehen wollen! Das Buch beschreibt die Geschichte der USA konsequent aus Schwarzer Sicht. Bei der Lektüre wird einem plötzlich klar, wie das traditionelle Weiße Amerika tickt, allen schönen Verfassungszusätzen zum Trotz, und warum Trump dessen logischer Präsident ist und Obama eher einen Unfall der US-Geschichte darstellt. „Lernen Sie Geschichte, junger Mann!“, warf schon Bruno Kreisky einem unbedarften Fragesteller an den Kopf. Und vielleicht sollten wir auch unsere eigenen Gebräuche und Glaubenswahrheiten einmal im Lichte der Staatsverfassung einer genaueren Gewissensprüfung unterziehen: Wie sind eigentlich unsere wahren Gottheiten beschaffen? Dreifaltig oder einfältig?
Michael Harriot, „Black as F***. Die wahre Geschichte der USA”. In dt. Übersetzung bei: Harper Collins Deutschland, Hamburg 2024, ISBN 978-3-365-00799-0