Lebensretter

26. Mai 2025
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(c) Joe Dudeck unsplash

Da gibt es manche, die monieren es als Irrtum, dass Günther Platter, ehemaliger Tiroler Landeshauptmann, nun versehentlich die Lebensretter-Medaille statt des Ehrenrings des Landes Tirol erhalten soll. Gegenteilig wird darauf verwiesen, dass er tatsächlich einmal eine Frau aus einem brennenden Haus gerettet hat. Aber das ist bei weitem noch nicht die ganze Wahrheit. Tatsächlich hat er einmal eine ganze Regierung gerettet, als er kurzfristig und zu allem entschlossen im Kabinett Schüssel II (ÖVP – FPÖ) als Verteidigungsminister einsprang. Denn diesen Job wollte außer dem furchtlosen Gendarmen aus Zams sonst keiner übernehmen. Schließlich galt es damals, ohne langes Hinsehen, Zaudern und Zögern, schnellstens den Eurofighter-Vertrag zu unterschreiben, denn die Gerüchte über Ungereimtheiten und Korruption waberten schon überlaut und übelriechend durch die österreichischen Lande.

Davon will natürlich heute keiner mehr etwas wissen oder daran rühren, schließlich starb der wichtigste Protagonist und Zeuge im Eurofighter-Beschaffungsskandal* gerade rechtzeitig, um ein Justizverfahren in Österreich obsolet werden zu lassen. Und andernorts, in Großbritannien und Deutschland, hatte man eh schon so vieles juridisch aufgearbeitet und durch Millionen-Diversionen gelöst, sodass Österreich sich – wie so oft in der Geschichte – letztlich fein und unschuldig heraushalten konnte. Wir waren nur Opfer. Und ein gewisser windiger Graf und Schweinezüchter, der da mitten im Korruptionskarussell stand, hatte nicht mehr zu erleiden als die Scheidung von seiner Ehefrau, die Ministerin war. Auch der damalige Finanzminister Grasser kam damals mit der Sache ungeschoren davon. Der, ebenso wie Frank Stronach, sitzt jetzt halt wegen anderem. Dann vergaß man die Sache ganz schnell und Platter behielt seine weiße Weste. Er war schließlich einer der wenigen, der sich nicht bereicherte, nur unterschrieb.

Deshalb jetzt also lieber allseitiges Schweigen über dieses Verdienst Platters. Deshalb besser der Ehrenring statt der Lebensretter-Medaille. Doch das Unterbewusstsein ist ein Hund und vergisst nicht so schnell und hat jetzt mit der Abstimmung über den falschen Paragraphen eine klassische Fehlleistung produziert …

Aber breiten auch wir wieder den Mantel des Schweigens über alte Peinlichkeiten. Wer sich als Lebensretter betätigt, darf nicht auf persönliche Eitelkeiten achten. Platter war und ist ein ehrenwerter Mann, der in jedem Amt, als Verteidigungs- wie Innenminister, überall wo man gerade eine Unterschrift brauchte, uneigennützig seine Pflicht erfüllte. Und die Landes-Verdienstmedaille, die sowieso ausschließlich Männer bekommen, die gegen gute Bezahlung mit geschlossenen Augen ihren Job gemacht haben, hat er – egal wie der Paragraphenverwechslungs-Kuddelmuddel letztlich ausgeht – ebenfalls verdient.

Dass der Ring für besondere ehrenamtliche Tätigkeiten nach Amtsende verliehen werde, ist allerdings eine Notlüge. Denn was bleibt einem ehemaligen Politiker schon übrig, wenn er noch ab und zu ganz vorne in der Zeitung oder auf Podien auftreten und noch von irgendwem beachtet werden will, als irgendeinen ehrenamtlichen Vorsitz zu übernehmen? Und einen schönen großen Ring, das sieht man ja beim Papst, den braucht eben jeder, der etwas darstellen will.  Wenn schon ohne Amt, dann wenigstens mit Ehrenamt.

*) Für alle, die sich nicht mehr an das Milliardengrab Eurofighter erinnern, hier eine gute Zusammenfassung zur Gedächtnisauffrischung; auch angesichts der bevorstehenden Militär-Neuanschaffungen eine empfehlenswerte Lektüre: https://www.news.at/news/eurofighter

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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