Wenn man in Tirol aufwächst gehören die Berge zum Alltag. Meist nimmt man sie nicht einmal mehr wahr. Manchmal sind sie lästig – vor allem, wenn man an so manchen Wandertag in der Schule zurückdenkt, bei dem man sich gewünscht hat im Burgenland zu leben. Schon allein der Anblick von Bergen berührt uns. Was haben sie schon alles „gesehen“ und überstanden? Wie hat sie der Mensch geformt, bewirtschaftet und erlebt? Doch was steckt hinter der Faszination Berg?
Der Mythos Berg
Schon in den alten Sagen gehörten Berge als Schauplatz, oder gar als Protagonisten mit dazu. Sie waren Sitz der Götter, Totenreich bei den Germanen und Stätten religiöser Handlungen. Wie sehr Berge mit Mythen, Sagen und Religionen zusammenhängen zeigt sich auch an der Vielzahl an heiligen Bergen. Der Olymp als Sitz der griechischen Götter, der Monte Cavo als Sitz von Jupiter, Athos, Kyffhäuser und Helgafell sind nur europäische Beispiele und zeigen wie sehr Berge – Religion und Kultur prägen und prägten.
Auch in Tirol spielt das Gebirge eine zentrale Rolle in den verschiedensten Sagen. Die Frau Hitt, welche durch ihren Geiz und ihre Hartherzigkeit nun versteinert über Innsbruck thront, ist nur ein Beispiel dafür. Die Alpen sind Schauplatz unzähliger mystischer Geschichten.
Jeder der einmal auf einem Gipfel hoch über dem Tal gestanden ist, weiß, welch befreiendes Gefühl es sein kann, das Gewusel und die Hektik hinter sich zu lassen und nur zu sein, um dieses Gefühl zu genießen. Der Gipfel stellt nicht nur bei einer Wanderung, sondern auch in den verschiedensten Metaphern den Höhepunkt einer Reise, des Lebens, oder des Erfolges dar. Ist es also die das Sinnbild des beschwerlichen Aufstieges und der errungene Gipfelsieg, der die Mystifikation aufrecht erhält? Oder einfach die Tatsache, dass die Gebirgsketten schon seit tausenden von Jahren über die Welt ragen?
Drei – die es wissen müssen
Der Bruder meines Onkels ist 90 Jahre alt. Seit seiner Kindheit gehört Wandern und Bergsteigen zu seinem Leben, wie es für die heutige Jugend Facebook tut. Heuer war sein großes Ziel- der Bettelwurf. Er hat es geschafft. Warum? Weil Berge für ihn noch immer eine Herausforderung darstellen und gleichzeitig auch eine Quelle der Kraft.
Viele, die umrahmt von Bergen aufgewachsen sind, können sich nicht vorstellen wie es sein soll in der Ebene zu wohnen. Andere wiederum stört es nicht, beziehungsweise genießen sie die landschaftliche Freiheit.
Luisa ist vor sieben Jahren nach Wien gezogen und lebt jetzt in Köln. Auf die Frage, ob sie die Berge vermisst, antwortet sie: „Wenn ich ohne die Berge nicht leben könnte, wäre ich nicht vor mehr als sieben Jahren ins Flachland gezogen. Der Schritt hat mich allerdings erst dazu gebracht die Berge zu schätzen zu wissen. Davor: Hauptsache weg aus dieser Kleinstadt; Danach: Wunderschöner Heimaturlaub – ich will wandern, Snowboarden, Skifahren. Volles Programm, Bitte. Wie ich die Berge wahrnehme? Zuhause erfreue ich mich an der unglaublichen Schönheit. Gleichzeitig habe ich das – wenn auch sehr geringe – Gefühl von Bedrängnis. Nicht unbedingt im negativen Sinn. Aber ich fühle mich eingeengt von den Gebirgszügen nördlich und südlich von Innsbruck.“
Dennoch geht sie sehr patriotisch an das Thema heran: „Passt ganz gut, weil ich gestern wieder mal die „Berge-Debatte“ mit meiner guten Freundin und Mitbewohnerin und Oberösterreicherin Barbara hatte. Ein Deutscher war auch anwesend. Meine Position: NUR IN TIROL GIBT ES BERGE; VORALPEN SIND KEINE BERGE UND, DASS IN OBERÖSTERREICH BERGE SEIN SOLLEN, DA FANG MA GARNIT ERST AN! Du kennst das vielleicht. Die Tatsache, dass die Barbara aus einem Ort kommt der auf 2000m Seehöhe liegt und es tatsächlich einen sogenannten Wintertourismus in diesem Bundesland gibt interessiert mich nicht.“
Catherin, die neun Monate in Holland verbringt, sieht das etwas anders: „Ich hätte mir nie gedacht, dass mir Berge einmal abgehen würden. Erst als ich dann das erste Mal im Ausland war, haben sie mich fasziniert und mir gefehlt. Nach ein paar Jahren sind sie für mich wieder gewöhnlich geworden. Seit 3 Monaten bin ich jetzt in den Niederlanden und vom ersten Moment an sind sie mir abgegangen. Ich muss sagen, die Niederlande sind ein anderes Extrem. So flach wie ein Pfannkuchen. Was ich an Bergen vermisse sind Erstens die wunderschönen Sonnenuntergänge und Zweitens der Überblick über alles. Es gibt keinen Punkt auf dem man mal auf alles herab blicken kann. Alles sieht dann so ungefährlich und klein aus. Und drittens wechselt das Wetter hier alle 2 Stunden und man hat nach Sturm innerhalb kürzester Zeit strahlend blauen Himmel! Der Regen kehrt aber IMMER ziemlich schnell zurück!“
Egal wie unterschiedlich man das Thema Berg sieht. Die Alpen prägen die Menschen. Sie prägen das Lebensgefühl, die Entscheidung wo man wohnt und erzeugen eine Bindung. Ich denke wenige Menschen in Innsbruck haben kein ganz besonderes, persönliches Bild, wenn sie die Nordkette sehen. Wie sie empor ragt und sich Tag für Tag in ihrem Anblick ändert. Einladend und klar, oder mystisch und wolkenverhangen. Unsere Landschaft prägt uns und wenige Landschaften prägen so sehr wie die Alpen.