Zusätzlich auch noch die zahlreichen Herausforderungen unser aller Zukunft, welche Papst Franziskus erkannt und viele Male benannt hat: „Etwas mehr Barmherzigkeit verändert die Welt, es macht sie weniger kalt und mehr gerecht.“
Ein Ziel, das es, angesichts der geopolitischen und sozialen Situation, in der wir leben, unbedingt verfolgt und bald erreicht werden muss; der Weg dorthin wird im Matthäus-Evangelium genau beschrieben, in dem Jesus Christus neben der Nächstenliebe auch die Barmherzigkeit, die Gerechtigkeit und die Treue als „das Wichtigste im Gesetz“ benennt: „Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen.“
Wenn Papst Franziskus also von der Barmherzigkeit spricht, so subsummiert er darunter wesentlich mehr als „nur“ die Mildtätigkeit gegenüber unseren Nächsten. Er lädt uns vielmehr dazu ein: Seid barmherzig und …
…gerecht; damit ist aber nicht ausschließlich die strikte Einhaltung der Gesetze und Gebote gemeint, sondern sei uns auch in Erinnerung gerufen, dass wir unsere eigene Schuld zuerst erkennen und bekennen sollten, bevor wir sie anderen aufrechnen. So steht u. a. geschrieben: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! – und dabei steckt in deinem Auge ein Balken? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.“
Mit einem Satz sind wir also dazu aufgerufen, nicht selbstgerecht über andere zu urteilen und die Schuld für dieses und jenes bei ihnen zu suchen, sondern, für eine bessere Welt, zuerst uns selbst zu bessern.
… treu: damit wird u. a. unsere Standhaftigkeit und nicht zuletzt unser Glaube beschrieben, der sich vor allem in der Erwiderung der Liebe Gottes bewahrheitet. Indem wir nämlich „im Wort bleiben“, das heißt einerseits: uns an die Gebote halten; und andererseits: das Versprechen halten, Jesus trotz aller inneren wie äußeren Widerstände nachzufolgen, sind wir Getreue: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien.“
Diese Wahrheit ist, dass Gott uns liebt, bedingungslos und für immer. Und wer sich Seiner Liebe überlässt und sie erwidert, wird frei sein von allem, das ihn daran hindert, das erste Liebesgebot zu erfüllen: „Deshalb sagt Jesus: ‚Die größte Liebe ist es, Gott mit ganzem Leben zu lieben, von ganzem Herzen, mit ganzer Kraft, und den Nächsten zu lieben wie dich selbst.‘ Dies sei die einzige Vorschrift, die dem bedingungslosen Heil Jesu entspreche. Hierin steckten alle anderen Regeln. Jesus sagt: ‚Die Quelle ist die Liebe.‘“
Persönlich möchte ich noch eine Ergänzung machen, auch um mich selbst daran zu erinnern: Seid barmherzig und …
…demütig; damit warne ich vor der Gefahr der Selbstgefälligkeit, der man leicht erliegen kann, wenn man etwa Werke der Nächstenliebe öffentlich tut, sich besonders gerecht zeigt, oder treu zu seinen Überzeugungen steht; dazu schrieb u. a. der Apostel Paulus: „Wir aber, die Starken, sind verpflichtet die Schwächen derer, die nicht stark sind, zu tragen und nicht selbstgefällig zu sein. Jeder von uns soll dem Nächsten gefallen, zum Guten auf Erbauung hin. Denn auch Christus war nicht selbstgefällig…
Daher lasst uns in dieses „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ eintreten; mit Gerechtigkeit, in Treue und voller Demut.
Martin Kolozs, Mariä Empfängnis 2015
Titelbild: Tim Reckmann / pixelio.de