In loser Folge stellt das Alpenfeuilleton Ereignisse, Schicksale oder Gegenstände vor, die das Zauberwort „Alpen“ genetisch in sich tragen.
Nicht nur der Christbaum für den Petersplatz in Rom kommt heuer aus den Alpen, auch die beste Weihnachtsgeschichte dieses Jahres wird direkt aus den Alpen ausgeflogen.
Die Geschichte wird zuerst vom Bürgermeister des Dorfes Marca im Piemont an die Zeitung „La Stampa“ geliefert. Diese Zeitung hat nämlich die Kraft, eine echte Weihnachtsgeschichte daraus zu machen. Das erste Mal wird von diesem Geschehnis an einem Dienstag berichtet, was insofern von Bedeutung ist, als man beim Zitieren korrekt auf die Dienstagausgabe von „La Stampa“ verweisen soll, um sich von den diversen KI-Ausgaben zu distanzieren, die mittlerweile rund um Weihnachten in den Alpen im Umlauf sind.
Die Tanne ist 25 Meter groß und wird mit einem Helikopter von ihrem Standort im Maira-Tal bis zur nächsten Landstraße geflogen. Erst dann geht es weiter nach Rom.
Obwohl der genaue Standort noch nicht verraten ist, pilgern schon die ersten Alpentannen-Anbeter zum kastrierten Strunk, dem einst diese Tanne für den Papst entwachsen ist.
Die Strunk-Anbeter haben die GPS-Daten vom Fly-Radar abgescannt, als dieses den Flug des Helikopters auf Abermillionen Handy-Displays produzierte.
Der karge Alpen-Strunk ist das pure Gegenteil zur reich geschmückten Vatikantanne, die ab 21. November im neuen Glanz erstrahlen wird.
Die Kosten für die Aktion liegen dem Zeitungsbericht zufolge bei rund 65.000 Euro; allein der Helikopterflug schlage mit 40.000 Euro zu Buche.
Die Gemeinde hofft auf Sponsoren. So habe eine Logistikfirma bereits kostenfreien Transport auf der Straße zugesagt.
Die Kommune habe zudem Italiens Innenministerium gebeten, die Feuerwehr möge den Helikopter gratis bereitstellen.
Der Bürgermeister Valerio Carsetti spekuliere mit der Aktion auf einen lohnenden Werbeeffekt – auch um der Abwanderung aus der norditalienischen Bergregion etwas entgegenzusetzen.
Tausche Tanne gegen Zuwanderer! Die Angst in den Bergregionen ist groß, dass nach den Menschen auch die Tannen für immer verschwinden werden.
Das Schlägern von Weihnachtsbäumen für den Papst bereitet nicht nur den Alpen Sorgen, wenn der Baum daraus stammt, auch andere Gegenden leiden unter der Schlägerei für den Papst, wie das Beispiel aus vergangenem Jahr zeigt.
Im vergangenen Jahr hatte es um den Christbaum auf dem Petersplatz einen Streit gegeben. Die Stiftergemeinde Rosello lag in den Abruzzen, während die Tanne selbst in der Nachbarregion Molise stand, noch dazu in einem Naturschutzgebiet.
Zum Fällen des Baumes hätte es einer Sondergenehmigung bedurft. Die Behörden wurden aber nicht rechtzeitig informiert, sodass kurzfristig eine Baumschule in den Abruzzen mit einer anderen Tanne einspringen musste.
Die Quelle für diese wundersame Weihnachtsgeschichte liegt in der Religionsredaktion des ORF.
Da man aus dem ORF nicht austreten kann, muss man sich seinen Zwangsgeschichten aussetzen, ob man will oder nicht.
Die Geschichte von den Alpen mit Tanne ist also ziemlich brutal, wenn man bedenkt, wie sie den Menschen aufs Auge gedrückt wird.
Wenigstens eine Triggerwarnung sollte der Story vorangestellt werden.
[Quelle: red, religion.ORF.at/KAP; 24/10/23]
STICHPUNKT 23|86, geschrieben am 24. Oktober 2023