David P. hat schnell gehandelt und dabei vieles richtig gemacht. Nachdem erste Medien davon berichteten, wie Bürger sich Domains von Präsidentschaftskandidaten sicherten, fackelte er nicht lange. Er checkte die Verfügbarkeit von hc-strache.at und hatte Erfolg. (so habe ich es mir vorgestellt. Offensichtlich geschah all das aber nur durch einen Zufall) Es müssen glückselige Eruptionen voller Vorfreude in ihm aufgestiegen sein, als er die Domain erwarb. Was danach passierte, haben unzählige Medien dokumentiert. Nach dem Nutzen der Aktion, hat bis dato aber niemand gefragt.
Klage! 35.000 Euro
Was tun mit der Beute, ist eine häufige Frage. Diese stellte sich auch David, nach seinem erfolgreichen Beutezug und teilte sie mit der Welt. Auf seiner Facebook-Seite ließ er Menschen ihre Ideen posten und erhielt kreative Vorschläge. Am Ende wurde aus der durchaus bekannten Buchstabenabfolge HC STRACHE, Haute Couture Strassenchefin, ein Online-Shop für Kopfbedeckungen aller Art. Definitiv eine feine Sache die niemandem weh tut und dennoch nach Protest riecht.
Mittlerweile ist die Seite down und die Anwaltschaft des Politikers mit der gleichen Buchstabenabfolge als Namensabkürzung, voll aktiv. Österreichs bekanntester Burschenschafter, Paintballfan, Drei-Bier-Besteller und wohl sensibelster Oppositionspolitiker, setzt sich nämlich zur Wehr. Anscheinend stehen 35.000 Euro im Raum. Als Schadenersatz für zwei Tumblr-Einträge. Da ist jemand wohl ordentlich grantig, dass mit seinem Namen, naja, mit seiner Namensabkürzung, für Kopfbedeckungen geworben wird. Inwiefern es dafür juristische Grundlagen gibt, ist mir leider nicht bekannt. Ein fahler Beigeschmack und der Eindruck von Überreaktion, bleibt. David P. nutzt jetzt einmal mehr die sozialen Netzwerke, fragt um Rat und wappnet sich mittels Crowdfunding-Idee für die Zukunft.
Lauter Aufschrei der Masse
Sollte es zu einer Crowdfunding-Aktion kommen, werde ich bestimmt einen kleinen Beitrag leisten. David gegen Goliath Geschichten (der Witz entstand zufällig) haben schon immer meine Aufmerksamkeit und volle Empathie bekommen. Anderen dürfte es gleich gehen. Wenn jemand, der vermeintlich weiter oben in der gesellschaftlichen Rangliste steht, jemandem von unten dermaßen schaden will, dann ist der Aufschrei groß. Der Aufschrei war sogar so groß, dass die Medien auf die ganze Geschichte aufmerksam wurden und David P. zum Interview baten. Ich mag mir gar nicht ausmalen welcher Kraftakt es war die unzähligen Anrufe entgegenzunehmen und die vielen Fragen zu beantworten. Immer im Hinterkopf: Eigentlich habe ich ein Anliegen, aber zu viel darf ich nicht erzählen, sonst wird die Klagesumme nur noch höher.
David P. hat den Medienmarathon gekonnt absolviert. Den schwierigen Fragen ist er elegant, mit einem Lächeln und ein wenig Witz, ausgewichen und eigentlich war ohnehin alles nur „ein Spaß“ und irgendwie „Kunst“. Kunst ist bekanntlich eine vielfältige Sache. Dem einen gefällt es, dem anderen nicht. Kunst hat, je nach Blickwinkel, fast immer eine politische Dimension. Haute Couture Straßenchefin kann noch so lange als Spaß bezeichnet werden, die politische Wirkungsebene bleibt unumstritten. Und genau hier hätte ich mir mehr erwartet. Anfangs war ich begeisterter „Gefälltmir“-Drücker und blinder Sympathisant. Endlich macht mal jemand etwas, endlich greifen es die Medien auf und ich kenne den Typen auch noch – hallte es durch meinen Kopf.
Was bleibt? Für was das alles?
Mittlerweile hat sich die allgemeine Aufregung gelegt. Innsbrucks Kulturszene und kritische Masse hat sich etwas beruhigt. Was bleibt, sind ein David P. mit einer Klage die ihm noch so manchen unrunden Moment bescheren dürfte und … gute Frage … luftleerer Raum, nachdem Schall und Rauch verflogen sind. David P. hat schnell gehandelt und dabei vieles richtig gemacht. Er war mutig und hat eine Aktion gesetzt. Und das wahrscheinlich in bester Absicht und mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. Doch das darf längst nicht alles sein. Es war nicht die mutige Aktion sich die Domain zu sichern und einen Onlineshop zu eröffnen, die all das wertvoll macht, sondern was jetzt passiert.
Womit wir bei der entscheidenden Frage wären, die bisher weder gestellt, noch beantwortet wurde: Was ist, was war und was soll der Nutzen sein? Wenn ich meiner Wahrnehmung folge, so haben die Medien zwar über David P. und seine Gewitztheit ausführlich berichtet, doch die Botschaft die transportiert wurde, wird weder dem Schaden die sie verursachte, noch sich selbst gerecht.
Was soll ein einfacher Mann wie ich aus all dem lernen? Sichere dir alle Domains die irgendwie mit deinem Namen assoziiert werden könnten. Ansonsten macht es jemand anderer und der nutzt es dann gegen dich? Cybermobbing Extreme. Oder bin ich dazu aufgerufen selbst Aktionen zu setzen, mir einen Spaß zu erlauben und ein wenig Kunst zu machen?
HC-STRACHE darf nicht sterben!
Nachdem die große Aufmerksamkeit verflogen ist, ist es nun an der Zeit diese Fragen zu beantwortet. Was war die eigentliche Botschaft? Was sollen wir mitnehmen? Und es braucht schnell Antworten, denn die Gefahr ist groß, dass mit einer solchen Aktion nur der Graben zwischen den beiden großen politischen Lagern, die Österreich und Europa derzeit Spalten, vertieft wurde. Sympathisanten werden die Aktion feiern, die anderen werden sie verteufeln, lautstark und immer vehementer. Noch spielt sich vieles online ab, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Emotionen so hochkochen, dass aus virtuell, real wird.
Es wäre schön, wenn David P. die Aufmerksamkeit, die er spätestens bei einem eventuellen Urteil wiederbekommen wird, nutzt und auf hc-strache.at die wirklichen StraßenchefInnen zu Wort kommen lässt. Jene die tagtäglich in Vereinen, mit Aktionen, mit Kunst, Kabaretts, Straßenarbeit, Beratung und Co gegen den Graben kämpfen, der immer breiter und tiefer zu werden scheint. Und während sich die Lager links und rechts davon gegenseitig mit Dreck beschmeißen, droht die Gemeinschaft in eben diesem Graben allmählich zu ersaufen. Das ist nur eine Idee, von vielen. Doch eine sollte dringend umgesetzt werden. Denn es wäre schade, wenn all das nur ein 35.000 Euro teurer Spaß gewesen wäre.