Die Evolution des Trinkers

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(c) Kjersti Magnussen, Drink, flickr.com

0 bis 6 Monate: Es wird getrunken was das Zeug hält. Sobald es die Kräfte zulassen gibt es nur eine Frage. Nahrungsaufnahme oder -abfuhr?
1 bis 11 Jahre: Getrunken wird dann, wenn die Erziehungsberechtigten daran erinnern oder gerade gut Zeit ist und nichts Lustigeres auf dem Programm steht. (Anm. zum Beispiel während langen Autofahren) Statt Muttermilch gibt es mittlerweile Früchtetee – bei besorgten Eltern ohne Zucker, versteht sich – oder Fruchtsäfte.
12 – 14 Jahre: Fruchtsäfte sind für Kleinkinder. Cola, Fanta, Sprite – am besten Zero, in edle Markengläsern gegossen und selbstverständlich „on the rocks“ – sind nun angesagt.
14 – 16 Jahre: Gesetz und Eltern erlauben es nicht, aber es ist die bittere Realität. Nach zwei Jahren Cola, Fanta, Sprite pur, mischen sich immer öfter ihre bösen Cousins Vodka, Rum und Co unter die Getränke. Oft hinterlassen sie dabei einen bleibenden Eindruck. Zweifach! Wer nicht selbst mischen will, greift zum altbewährten Klassiker: Markenname Ice und Markenname Fire. Böse, böse! Die ersten Bierversuche werden gestartet. Mit wenig Erfolg – auf die breite Masse gerechnet.
ab 16 Jahre: Endlich schmeckt das Bier. Dieses bittere Gesöff, das beim ersten Versuch nichts anderes auslöst, als einen Würgreflex, der bis zum Magen runterreicht. Wer bitte trinkt so etwas freiwillig? Nachdem man sich erfolgreich reingekämpft hat, endlich die Erlösung. Es geht, ähm rinnt! Beim Bier gibt es eine sogenannte Mikro-Evolution. Eine Evolution in der Evolution. Den Anfang machen diverse Eigenmarken von beliebten Discountern und andere Billiganbieter. Danach steigert man sich zu den Klassikern, die man mit Anfang 20 verachten wird. Das geht so lange, bis man sich auf eine Biermarke festlegt. (Anm. Meist die, die es in der Heimatstadt im Überangebot gibt – ein sogenannter Angleichungsprozess) Die Bitter- und Hopfengetränke-Verachter laben sich am Wein. Vornehmlich weiß und gespritzt (süß!). Nur die Avantgardisten und andere Querdenker trinken Rot. Pur oder mit Cola. Echte Genießer eben. Die wirkungsorientierten Gesellen, greifen in dieser Phase besonders gerne zu Vodka (rot) mit ACE.
ab 20 Jahre: Die Billigbiere und Rasenflächen diverser Parkanlagen hinter sich gelassen, wird nun im Beisl getrunken. 0815-Biere kommen jetzt nicht mehr ins Glas. Es wird experimentiert – immerhin soll Mensch von Welt ja seinen Horizont erweitern. Keine Abartigkeit (Anm. Belgisches Stark- oder Kirschbier, spanisches Zwickl und Co.) ist wild genug. Nach drei, vier Verkostungsrunden muss der edle Whisky herhalten. Jim Beam, Johnnie Walker, Four Roses und Co. Mit Anfang 20 weiße man Gutes eben zu schätzen.
ab Mitte 20: Jim Beam und Johnnie Walker sind gewichen. In kleinen Runden wir nun über den neuesten Highland Park Whisky und über die Torfigkeit des Lagavulin philosophiert. Im Unterschied zu den frühen 20ern hat sich die Reihenfolge nun geändert. Erst Whisky(Verkostung), danach dann die drei, vier Bier. Auf die guten alten Zeiten.
ab Ende 20: Aus den drei vier Runden, werden zwei, drei schnelle Pfiff zwischen Business-Terminen oder an Feierabend. Der Wein verdrängt immer öfter das Bier und mischt sich gerne mit Campari und Aperol. Vor allem im Urlaub, wenn endlich einmal Zeit zum Genießen ist. Vor dem Weg ins Hotel geht dann doch noch meist ein kleines Bier. Ein verzweifelter Versuch wieder jung zu sein.
ab 30: Über Dinge zu schreiben, die man (noch) nicht erlebt hat, ist Werbetexterei. Davon halten wir (Anm. die Redaktion) nichts beim Alpenfeuilleton. Aber vielleicht kann ein erfahrener Autor oder Leser aushelfen. Ich habe mir ja erzählen lassen, dass am Höhepunkt des Genußtrinkens, sich alles wieder zurück entwickelt. Die Rasenflächen diverser Parkanlagen werden wieder attraktiver (Anm. Kinder brauchen Bewegung und Auslauf!), die Biere werden wieder klassischer und günstiger und ab und zu mischt sich auch mal wieder ein Cola, Fanta oder Sprite auf die Getränkekarte.
Die Evolution des Trinkers – eine Geschichte, die aufgeschrieben werden will. To be continued.

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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