Österreich wird eingeholt – Österreich holt sich selber ein
Die Unabhängigkeit Österreichs und die Einheit des Landes konnten hergestellt werden, das Land wurde nicht in zwei Teile gespalten. Die Konzentrationsregierungen aus SPÖ, ÖVP und KPÖ bestanden bis 1947, später schieden die Kommunisten aus und die beiden Großparteien regierten fortan gemeinsam oder alleine Österreich. 1949 wurde mit dem Verband der Unabhängigkeit (VdU) die Vorreiterpartei der heutigen FPÖ gegründet, welche sich auf Anhieb in der Politikszene Österreichs etablieren konnte. Hauptwählerschicht: ehemalige NSDAP-Mitglieder und Anhänger des Dritten Reichs.
Die Aufarbeitung der Verbrechen des Nazi-Regims und deren Vertreter wurde lange totgeschwiegen. Die Opferrolle in die sich Österreich stellte, wurde dankend angenommen da man sich bei Konfrontation mit der Vergangenheit, gerne auf die Ausübung der Befehle berief und das eigene Gewissen erleichterte. Antisemitische Aussagen wurden gesellschaftlich zumeist geduldet. Ein besonderes Beispiel hierfür jährte sich heuer auch zum fünfzigsten Mal: Taras Borodajkewycz, glühender Anhänger des Nazi-Regimes (nicht weiter verwunderlich mit dem Namen) und Professor an der Universität für Welthandel (heute WU) in Wien, macht keinen Hehl aus seinen Präferenzen:
Im Zuge einer Demonstration gegen Universitätsprofessor Borodajkewycz im März 1965 wurde der Straßenbahnschaffner Ernst Kirchweger von einem jungen rechtsradikalen niedergeschlagen, worauf hin Kirchweger starb. Kirchweger gilt als erstes Todesopfer im Zuge politischer Gewalt in Österreich. Hier noch der Zeit im Bild Beitrag aus dem Jahr 1965:
Richtig eingeholt wird Österreich allerdings erst 1986, zumindest hat es den Anschein. Im Frühjahr begannen die Recherchen zu Kurt Waldheims Vergangenheit, der für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte. Waldheim war politisch kein unbeschriebenes Blatt: Von 1968-1970 war er Außenminister unter Klaus und später von 1972-1981 Generalsekretär der Vereinten Nationen. Waldheim veröffentlichte 1985 seine Biographie, in denen er die Jahre des zweiten Weltkriegs nur sehr sporadisch erwähnt. Er soll 1941 an der Ostfront eingesetzt und dort verwundet worden sein und später noch als Übersetzer in Triest gedient haben. Dem gegenüber standen Vorwürfe des World Jewish Congress (WJC), dass Waldheim Mitgliedschaft der SA vorwarf. So soll er 1942 & 1943 in einer Wehrmachtseinheit gedient haben, die brutal gegen Partisanen vorgegangen sei und unzählige griechische Juden in KZs deponiert habe. Auch an einem Massaker an tausenden jugoslawischen Zivilisten soll er sich beteiligt haben. Waldheim dementierte zeitlebens mit diesen Verbrechen in Verbindung gestanden zu haben.
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Nichts desto trotz wird Waldheim zum Bundespräsidenten gewählt, was wiederum innen- als auch außenpolitische Folgen nach sich zieht: Bundeskanzler Fred Sinowatz räumt einen Tag nach Waldheims Sieg den Sessel für Franz Vranitzky. Sinowatz hatte den eigentlichen Anstoß für die Waldheim-Affäre gegeben in dem er die „Österreicher ausreichend über die braune Vergangenheit Waldheims“ aufklären wollte. Nach Jörg Haiders Putsch gegen Nobert Steger in Innsbruck 1986 flog die FPÖ aus der Koalition mit der SPÖ, Haider kritisierte den Koalitionspartner und die USA scharf für die Kritik an Waldheim. Bei Neuwahlen konnte er die Stimmen auf 10% verdoppeln.