Warum der 27. April ein besonderer Tag für Österreich ist

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Die Watchlist

Außenpolitisch wurde Waldheim auf Grund seiner Vergangenheit am 27. April 1987 offiziell auf die amerikanische watch list gesetzt, also jene Liste, die einer Person deren Name sich auf der Liste befindet, die Einreise in die USA verwehrt. Österreichs oberster Repräsentant war somit ein international ausgeladener Gast. Schon zuvor war Waldheim außenpolitisch weitgehend isoliert; in seiner Zeit als Präsident lud in kein westliches Land ein, sogar die Schweiz verzichtete auf eine Audienz. Einzig Helmuth Kohl führte Sommergespräche am Attersee. Die wenigen  Besuche gingen in arabische oder islamische Staaten. Waldheim konnte bis zu seinem Tod nie lückenlos seine Rolle im zweiten Weltkrieg aufklären, viel mehr pflegte er zu sagen: „Ich habe im Krieg nichts anderes getan als hunderttausende Österreicher auch, nämlich meine Pflicht als Soldat erfüllt.“
Ein Satz der lange den Opfermythos Österreichs nähern sollte. Mit der Affäre um Waldheim aber begann ein Umdenkprozess in der österreichischen Gesellschaft. Man musste sich mit der Vergangenheit beschäftigen um diese endlich zu bewältigen. Das Reaktionsmuster, zuerst Nichtwissen, dann das Vergessen von Massenmorden zu behaupten, wird seitdem als „Waldheim-Syndrom“ bezeichnet und war bzw. ist immer noch verbreitet.  Waldheim sagte 2006, kurz vor seinem Tod:

„Es war notwendig, ja unverzichtbar, dass wir Österreicher uns von der reinen Opferrolle verabschiedet haben. Sie war zwar Grundlage unseres inneren Friedens nach 1945, des Wiederaufbaus und unserer Nachkriegs-Identität, aber doch nur Teil der Wirklichkeit.“

Und jetzt, im Jahr 2015 will ein 79-jähriger deutscher Komödiant mit seiner Laudatio bei Österreichs bedeutendstem Medienpreis für einen Schmäh sorgen, in dem er sagt er werde den Preis „heim ins Reich“ bringen. Aber das ist eine andere Geschichte, wieder einmal die Diskussion um Satire oder nicht.
UnabhängigDer 27. April, ein ganz gewöhnlicher Tag, oder eben doch nicht. Auf der einen Seite der Beginn unserer Republik mit der Unabhängigkeitserklärung, die ganz – typisch Österreich – verschwunden ist, auf der anderen Seite, die offizielle Nichtduldung eines Präsidenten in den Vereinigten Staaten und der restlichen westlichen Welt, auf Grund der Vergangenheit und der nicht gewollten Konfrontation mit dieser. Von der großen „Sternstunde“, zum peinlichen aber wichtigen Affront um endlich der braunen Vergangenheit ins Gesicht zu blicken. Aber auch die „Sternstunde“ wird nicht auf die Rolle Österreichs und die Beteiligung an den Gräueln des zweiten Weltkriegs eingegangen. Der Opfermythos wird an diesem Tag im Jahr 1945 geboren. 1987 wird vielleicht damit aufgeräumt. Alles passiert an einem Tag. Nur 42 Jahre dazwischen.

Bild von Karl Renner gemeinfrei von Wikipedia.

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