Was die ÖVP seit der innerparteilichen Machtübernahme von Sebastian Kurz demonstriert hat, war eine durchorchestrierte Politik der einfachen Botschaften. Je einfacher und klarer die Botschaften waren, desto einfacher haben sie sich mit ein und denselben Worten, von unterschiedlichen ÖVP-Politikern unter die Leute bringen lassen. Wie kaum eine Partei zuvor hat es die Kurz-ÖVP verstanden, inhaltliche Eindimensionalität mit sprachlicher Souveränität zu verkaufen. Jeder sagt das gleiche, jeder tut das gleiche! Gemeinsam waren sie neu, ohne neu zu sein. Gemeinsam waren sie türkis, obwohl sie eigentlich schwarz sind. Die türkise Kurz-ÖVP war eine Neuerfindung, ohne jemals etwas erfunden zu haben.
So einfach ist politische Kommunikation! Oder?
In gewisser Weise hat die Kurz-ÖVP einen alten FPÖ-Schmäh kopiert und auf ihre Botschaften übertragen. Die FPÖ war in ihren Höhenflügen von einer einfachen Frage befeuert: Flüchtlinge Ja oder Nein? Eine einfache Frage mit maximaler Polarisierung, maximaler Sprengkraft und maximaler Möglichkeit diese Frage emotional aufzuladen. Jede Partei, die sich mit dieser Frage differenzierter auseinandersetzen wollte, hatte schon verloren, bevor über dieses Thema diskutiert werden konnte. Es gibt nur Pro oder Contra, es gibt nur Ja oder Nein. So einfach funktioniert politische Kommunikation oder? Kurz hat 2017 propagiert, die Mittelmeerroute schließen zu wollen, damit keine weiteren Flüchtlinge nach Österreich und Europa kommen. Zu diesem Vorhaben gab es entweder Zustimmung oder Ablehnung. Kurz hat damit einen ganzen Wahlkampf dominiert. Er hat in dieser Frage nie in die Tiefe gehen müssen, er hat nie erklären müssen, wie die Mittelmeerroute geschlossen werden soll. Dieses Muster hat er auf viele andere Vorhaben übertragen und sie so einfach wie möglich gehalten. In die Tiefe der Auseinandersetzung muss nur derjenige abtauchen, der nicht in der Lage ist, an der Oberfläche alles zu klären, was ihm zum Erfolg verhilft!
Mit den eigenen Waffen geschlagen!
Die türkisen politischen Inhalte sind dermaßen dünn über das schwarze Fundament lackiert worden, dass mittlerweile sogar jene die oberste Lackschicht mit Leichtigkeit entfernen können, die mit einfachstem Holzbesteck die Suppe der österreichischen Innenpolitik auszulöffeln versuchen. Die einfachen Botschaften ziehen nicht mehr. Viel mehr noch richtet sich die Politik der einfachen Botschaften gegen ihre „Erfinder“. Die Kurz-ÖVP ist in einer beeindruckenden Geschlossenheit mit einfachen Botschaften hausieren gegangen. Sie hat nahezu jede politische Frage mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten können. Einfachste Fragen zu Vorgängen innerhalb der Regierung, zu Personalentscheidungen, etwaigen Absprachen oder diverse andere Ungereimtheiten beantworten Kurz, Blümel und Co. aber mit den immer selben Stehsätzen. Ein einfaches Ja oder Nein hört man von ihnen nicht. Das was sie seit 2017 von ihren Wählern verlangt haben, sind sie selbst nicht im Stande zu liefern. Wer JA zur Schließung der Mittelmeerroute sagen kann, wird auch die Frage beantworten können, ob er einen Laptop besitzt oder nicht. Wer „Licht am Ende des Tunnels“ sieht, ohne einen Tunnel zu sehen, wird auch sagen können, welche Festplatten er schreddern lässt.
Erosion einer Faszination!
Die Faszination der Message Control erodiert schleichend. Auch eine Kurz-ÖVP ist nicht in der Lage eine Kommunikation der Gleichschaltung durchzuziehen, wenn an allen Ecken und Enden am Lack gekratzt wird. Die Corona-Pandemie beschleunigt diesen Prozess, trägt aber nicht ursächlich dazu bei. Eine Politik, die sich durch Überschriften und Ankündigungen definiert, wird an fehlendem Inhalt scheitern. Eine Überschrift haucht keiner Steuerreform Leben ein. Eine Überschrift hält keinen Flüchtling davon ab, sich auf den beschwerlichen Weg über das Mittelmeer zu machen. Eine Überschrift schafft es nicht, dass einer Pflegeperson am Ende des Monats mehr in der Geldbörse bleibt. Politik ist komplex, Politik ist facettenreich, Politik ist mehrdimensional! Wer glaubt Grundregeln politischer Auseinandersetzung außer Kraft setzen zu können, wird früher oder später auf dem harten Boden der Realität aufschlagen.