Drei subjektive Kulturnotizen zur Innsbrucker Szene:
1. Kulturbeauftragte stellen sich vor
Anlässlich der letzten Landtagswahl waren die Kulturbeauftragten der Parteien in die Stadtbibliothek eingeladen, ihre Programme vor Künstlernden zu erläutern.
Das Ergebnis war erschütternd.
Aus allen Fraktionen kam nur die dritte bis fünfte Charge aufs Podium, niemand hatte eine Ahnung von irgendwas, in der toten Zeit am Podium waren zudem die meisten mit dem Handy beschäftigt, statt auch nur einmal ins Publikum zu blicken.
Die Botschaft war eindeutig: Kultur ist für alle Parteien oasch!
2. Petition nur gegen Honorar
Bei einem Treffen schriftstellernder Lokalgrößen tauchte der Vorschlag auf, vielleicht einmal selbst zu formulieren, was man als in der Stadt schreibende Person von der Stadt will.
Dieser Vorschlag ging endgültig ins Leere, als die Künstlernden zuerst geklärt haben wollten, wie viel Kohle es für so einen Gedankenentwurf geben solle.
3. Interview im offiziellen Blatt, „Innsbruck Informiert“, Jänner 2024
Unter dem Blabla-Titel „Ein Jahr Kulturstrategie 2030“ erzählen in einem Interview, das vermutlich mit KI geführt wurde, die Leiterin des Kulturamtes und die Zuständige für Kulturentwicklung und Förderungen – nichts.
Nach mehrmaligem Lesen lässt sich erahnen, dass es wahrscheinlich darum geht, in Zukunft überall eine Jury vorzuschalten. Die Frage, wer diese Jury bildet, bleibt naturgemäß unbeantwortet.
Kultur spielt sich nach diesem „Modell 2030“ als Treffen von Jurys ab.
Dieser Beitrag ist eine typische Null-Meldung, die nur einen Sinn hat: Nichts zu sagen und die Seiten 12-13 vollzukriegen!
Fragt man unter Innsbrucks Mitwohnenden herum, erhält man allerhand Antworten, die darauf hindeuten, dass unter Kultur jeder etwas anderes versteht. Man müsste also für jeden ein eigenes Kulturprogramm machen.
Eine andere radikale Antwort lautet, dass es nicht Aufgabe einer Stadt sei, Kultur zu machen. Sie solle vielmehr darauf schauen, dass die Infrastruktur für Essen, Schlafen und Ausscheidung funktioniert.
Und tatsächlich sind es diese Grundbedürfnisse, warum jemand in der Stadt wohnt. Es gibt so gut wie niemanden, der wegen der Kultur extra nach Innsbruck gezogen ist.
Für die Kulturpolitik des neuen Gemeinderates gibt es wahrscheinlich zwei Grundüberlegungen, die diskutiert werden müssen.
– Soll über die Kultur die jeweilige Parteipolitik exekutiert werden?
– Soll die Kultur als große Versöhnungsfläche zwischen den Parteien inszeniert werden?
Am Beispiel Gendern, das ja eine kulturelle Tätigkeit ist, kann man die Positionen ablesen. Mit jedem Sternchen wird die Kultur zu einem Kampffeld, worin letztlich jeder jeden ausschließt.
Zurückhaltung würde in diesem Fall Inklusion bedeuten. Je unauffälliger die kulturellen Äußerungen formuliert und transkribiert sind, umso eher könnte die Kultur zu einem Versöhnungsfeld werden.
Aus den eingangs geschilderten subjektiven Beobachtungen lassen sich ein paar Thesen ableiten.
– Kultur ist allen Funktionierenden völlig egal. Darin unterscheidet sich niemand. Du kannst wählen, was du willst, du kriegst verlässlich eine hohle Floskel als Antwort.
– Die Kunst ist in Innsbruck eine Randerscheinung, wozu es eigentlich kein Kulturamt braucht.
– Die Stadt sollte sich auf die Infrastruktur der Kunst beschränken, dazu gehört beispielsweise die Ausstattung der Stadtbücherei, worin die diversen Künste andocken können.
– Die Stadt soll keine Jurys zur Verfügung stellen, sondern Infrastruktur.
– Alles, worin der Name Stadt steckt (Stadtbücherei, Stadtarchiv, Stadtarchitektur, Stadtkern) sollte als Kulturkern von allen Parteien gefördert werden. Die einzelnen Künste sollten an dieses Netz andocken, aber kein eigenes Büro nach sich ziehen.
– Momentan ist es ja so, dass zuerst eine Institution mit Jury geschaffen wird, und anschließend macht man sich auf die Suche nach passenden Künstlernden.
– Die Künstlernden sollten zuerst etwas liefern, und erst dann um Förderung ansuchen. Sie sollten sich überlegen, ob sie ihre Kunst nicht in der bestehenden Struktur unterbringen, statt ständig nach neuer Verwaltung zu schreien.
– x-beliebiges Beispiel
Statt eine Galerie zu fordern, worin man ohne Publikum etwas ausstellen kann, könnte man mit Bildungs- und Sozialeinrichtungen zusammenarbeiten, und dort die Werke zur Schau stellen.
– Generell bedarf die Qualität der Innsbrucker Künste keiner eigenen Einrichtungen, sie kann problemlos im Alltag untergebracht werden.
– Die wahre Kunst nämlich ist nicht auf den Verwaltungsapparat der Stadt angewiesen, die Ware Kunst vielleicht schon, aber diese gehört in die Wirtschaftsabteilung.
STICHPUNKT 24|03, geschrieben am 03.01. 2024