Jetzt weiß ich endlich, warum bei FPÖ-Treffen im Bierzelt immer alle lauthals mitgrölen, obwohl keiner richtig singen kann.
Nun haben wir es amtlich: In Niederösterreich wurde einem Ukrainer die bereits verliehene österreichische Staatsbürgerschaft wieder aberkannt, weil er sich weigerte, bei der Einbürgerungsfeier die Hymne mitzusingen. Der zuständige FPÖ-Landesrat erklärt: Bei Vorhandensein einer Fahne MUSS — gesetzlich vorgeschrieben! — mitgesungen werden. Ob richtig oder falsch, ob mit oder ohne „Töchter“, das ist egal. Wenn es Hymnen aus antiquierten Liederbüchern sind, auch kein Problem. Soweit kann man tolerant sein. Bloß mitsingen, ja, mitsingen muss man. Sonst ist man kein „Normalbürger“ und wird stante pede „remigiriert“.
Und jetzt ist auch klar, warum bei FPÖ-Veranstaltungen immer ganz viele rotweißrote Fähnchen geschwungen werden – damit sind dann nämlich dann alle gesetzlich verpflichtet, mitzugrölen und somit ihre Staatsbürgerschaft lauthals unter Beweis zu stellen. Denn wo käme man hin, wenn sich plötzlich ein Syrer oder Ukrainer ins Bierzelt verirrte? Und damit ist nun auch erklärt, warum die FPÖ-Mandatare bei der Beerdigung eines altbraunen Bundesgenossen die alten Nazilieder mitsingen MUSSTEN, damit dem Gesetz Genüge getan war: Denn sicher waren da im Hintergrund ein paar alte patriotische Fahnen gehisst.
Nur bei Opernstars und den Fußballern hat das Gesetz eine Ausnahme gemacht. Klar, denn Opernsänger und -sängerinnen singen ja wahllos alles, wofür es Gage gibt. Da ist Heimatliebe nicht am Gesang erkennbar. Und bei den Fußballern, naja, das kennt man von allzu nah platzierten Mikrofonen bei der Mannschaftsaufstellung: wenn die bei der Hymne mitsingen, dann kommt ihr Gesang eher einer Verunglimpfung unseres Landes gleich — schnelle Beine und Stimmbänder müssen sich in den jeweiligen Gehirnregionen wohl gegenseitig behindern. Aber warum muss dann ein Flüchtling singen, dessen Überleben vor Jahren womöglich auch von schnellen Beinen abhing? Und warum soll dieser, nachdem er die schwere Landeskundeprüfung bestanden und die neue Heimat mindestens zehn Jahre lang mit Abgaben und Steuern beglückt hat, anschließend auch noch – womöglich falsch – diese neue Heimat besingen? Wenn das mit der Leitkulturdebatte so weitergeht, muss er zur Feier irgendwann wohl zusätzlich auch noch in Lederhose und Janker antreten, ein Vierterl G´spritzten (tolerierte Variante: ein Gösser) leeren und ein Schweinsschnitzel vertilgen. Das würde die „freiwillige Remigration“ garantiert beschleunigen. Aber ich will damit, um Gottes Willen, jetzt niemanden auf Ideen bringen …!