Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf dem Thema der Landschaft in Hinblick auf Zeitlichkeit und des Wandels, der primär durch den Film als Medium anschaulich gemacht wird. Der zweite Teil der Ausstellung HyperAmerika: Landschaft – Bild – Wirklichkeit widmet sich dem Amerikanischen Hyperrealismus der 1970er Jahre einerseits, der das fotografische Vorbild neu denkt und dem New Topographic Movement andererseits, das sich als neue fotografische Sicht auf die Landschaft und als neue Art der amerikanischen Landschaftsfotografie verstand. Jene beiden Kunstströmungen reflektieren den wirtschaftlichen Aufschwung in den USA der 1970er Jahre.
Ökologische und gesellschaftspolitische Kritik
Das Titelbild der Ausstellung zeigt eine weitläufige Eisdecke, worauf ein Mann schreitend zu sehen ist. Ihm folgend ein Schiff, das die Eisdecke hinter ihm durchbricht. Der Künstler Guido van der Werve (der Mann im Bild) inszeniert damit auf anschauliche Weise wie der Mensch durch seine eigenen technischen Errungenschaften zwar voranschreitet, jedoch sich selbst gefährdet und klein und verwundbar erscheint. Jenes Schiff – symbolisch für technischen Fortschritt – durchbricht rücksichtslos die massive Eisdecke und lässt Risse zurück. Der Mensch schreitet dennoch voran. Und das ist, was zählt.
Häuser, zumeist aus billigstem Material, dessen Zerfall sich schon beim Bau sichtbar macht, sprießen aus dem Erdboden, wobei eines dem anderen gleicht. Schachbrettsiedlungen werden errichtet, riesige Malls. Der damit einhergehende Verlust von fertilem Boden wurde und wird noch heute in Kauf genommen. Schließlich rentiere sich ein Einkaufszentrum, das monetären Gewinn macht, mehr, als ein fruchtbarer Boden. Es geht um Wachstum bei gleichzeitigem Rückschritt, und zwar dem Rückschreiten der „natürlichen“, d.h. der mit pflanzlichen Lebewesen bewachsenen Landschaft.
Als Vorgriff aufgrund der Prägnanz: Thematisiert wird diese Entwicklung und Tristesse, die die Industrielandschaft mittransportiert später von der lokalen musikalischen Undergroundszene im Seattle der frühen 1990er Jahre, beispielsweise wenn Isaac Brock lyrisch in „Teeth like God’s Shoeshine“ bemerkt:
[…] Oh! If you could compact your conscience
and sell it save it for another time
you might have to use it.
And the televisions gone
Go to the grocery store, buy some new friends
and find out the beginning, the end, and the best of it
Well, do you need a lot of what you’ve got to survive?
Here’s the man with teeth like God’s shoeshine
He sparkles shimmers shines
Let’s all have another Orange Julius
Thick syrup standing in lines
The malls are the soon to be ghost towns
so long, farewell, good-bye
Take ‚em all for the long ride
and you’ll go around town
no one wants to be uptight anymore
You can be ashamed
or be so proud of what you’ve done
but not no one, not now, not ever or anyone
take ‚em all for the sense of happiness
that comes from hurting deep down inside
Or you can walk the line and give a shit […]
Kritisiert wird nicht lediglich die Zerstörung der natürlichen Ressourcen, sondern auch die geistige Einstellung, die damit einhergeht. Nämlich das neoliberale Denken, das als Grundprämisse die Rücksichtslosigkeit, Profit,- und Leistungsorientierung bei gleichzeitiger Forderung von Standardisierung und Einheitlichkeit hat, das der angestrebten Effizienz und Produktivität dienlich sein soll. Nach außen soll bitte alles ordentlich sein, die Zähne sollen strahlen, die Schuhe glänzen. Der Weg dorthin kann jeglicher sein. Die Bewegung und Bearbeitung der Landschaft geht einher mit der Bewegung und Bearbeitung des Geistes, denn der Mensch wird durch seine unmittelbar erlebte Umwelt konstituiert. Oder, wie Hegel bemerkt, ist Natur nichts Objektives, das an sich Bestand hätte, sondern sie zu begreifen schließt immer ein Sich-selbst-begreifen des Geistes ein.